Mit rund 2.800 angemeldeten Teilnehmern ist das 78. Meeting der Internet-Verwaltung ICANN zu Ende gegangen. Auf der Tagesordnung standen Dauerbrenner wie DNS Abuse und die nächste Einführungsrunde, ohne dass jedoch konkrete Entscheidungen getroffen wurden.
Zum erst zweiten Mal in ihrer Geschichte traf sich die ICANN-Community in Deutschland, diesmal vom 21. bis 26. Oktober 2023 in Hamburg. Die Veranstaltung war prominent besetzt. Die Bundesregierung war durch Dr. Volker Wissing, Bundesminister für Digitales und Verkehr, vertreten, der sich zum Modell der Netzverwaltung durch ICANN bekannte:
Wir brauchen eine internationale Digitalpolitik, die Demokratie, Wohlstand und Widerstandsfähigkeit in unseren digitalen Gesellschaften fördert. Deutschland setzt sich für ein globales, offenes, freies und sicheres Internet ein. Deshalb entwickeln wir derzeit eine Strategie zur Schaffung einer regelbasierten digitalen Ordnung. Dabei bauen wir auf den umfangreichen Informations- und Erfahrungsaustausch mit nationalen und internationalen Interessengruppen wie der ICANN.
Ohne die Arbeit von ICANN wäre die digitale Transformation nicht möglich.
Die Bemühungen von ICANN, einheitliche Prozesse zu standardisieren und zu schaffen, die das Internet für alle weltweit zugänglich machen, sind die Grundlage für alle intelligenten Technologien, von denen wir heute als Stadt, aber auch als Gesellschaft insgesamt profitieren,
pflichtete Jana Schiedek, Staatssekretärin für Kultur und Medien der Freien Hansestadt Hamburg, bei.
Inhaltlich stand einmal mehr das Thema »DNS Abuse« auf der Tagesordnung. Aktuell und noch bis Dezember 2023 läuft eine Anhörung zu Änderungen am Registrar Accreditation Agreement (RAA), der Grundlagenvereinbarung zwischen ICANN und den Domain-Registraren. Dort soll folgende Regelung neu aufgenommen werden:
When Registrar has actionable evidence that a Registered Name sponsored by Registrar is being used for DNS Abuse, Registrar must promptly take the appropriate mitigation action(s) that are reasonably necessary to stop, or otherwise disrupt, the Registered Name from being used for DNS Abuse. Action(s) may vary depending on the circumstances, taking into account the cause and severity of the harm from the DNS Abuse and the possibility of associated collateral damage.
Registrare müssen also unverzüglich Maßnahmen ergreifen, um DNS-Missbrauch einzudämmen; es liegt jedoch in ihrem Ermessen, die geeigneten Maßnahmen auszuwählen und umzusetzen. Damit die Änderung umgesetzt wird, müssen 90 Prozent aller akkreditierten Registrare zustimmen; aktuell soll die Zustimmungsquote bei 65 Prozent liegen. Eine ähnliche Regelung soll auch in das Base Generic Top-Level Domain (gTLD) Registry Agreement (Base RA) aufgenommen werden, welches das Rechtsverhältnis zwischen ICANN und den Registries regelt. Dort liegt die Schwelle für eine Zustimmung bei 50 Prozent. Weiteres Thema war die nächste Runde zur Einführung weiterer generischer Top Level Domains. Klappt alles wie geplant, nimmt ICANN voraussichtlich im April 2026 Bewerbungen um eine nTLD entgegen; in Stein gemeisselt ist dieses Datum aber auch nach dem Treffen in Hamburg nicht, zumal über die Verabschiedung des Bewerberhandbuch (Applicant Guidebook) nicht abgestimmt wurde.
Wer Gefallen an der Veranstaltung gefunden hat: das nächste öffentliche ICANN-Treffen findet vom 02. bis 07. März 2024 in San Juan (Puerto Rico) statt. Dieses dann bereits 79. Meeting findet als »Community Forum« statt. Im Mittelpunkt steht die interne Arbeit der unterstützenden Organisationen und der beratenden Ausschüsse (Supporting Organizations und Advisory Committees) und gemeinschaftsübergreifende Interaktion. Zudem werden Sitzungen zu Themen von gemeinschaftsweitem Interesse stattfinden. Wann das nächste ICANN-Treffen in Europa abgehalten wird, ist derzeit noch offen.