Das Bundesjustizministerium stößt mit seinen Plänen zur Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung auf Widerstand bei den deutschen Providern: nach Einschätzung von eco, dem Verband der deutschen Internetwirtschaft, drohen durch das geplante Quick Freeze Verfahren „immense Folgekosten“.
Die anlasslose umfassende Vorratsdatenspeicherung bleibt ein Dauerzankapfel. Nachdem das Bundesverfassungsgericht im März 2010 geurteilt hatte, dass die deutschen Vorschriften zur Vorratsdatenspeicherung wegen Verstoßes gegen Artikel 10 Abs. I des Grundgesetzes verfassungswidrig sind, sucht die Politik derzeit Lösungen, im Zuge der Umsetzung einer Richtlinie vom 21. Dezember 2007 (2006/24/EG) eine neue Regelung zu finden. Peter Schaar, der Bundesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit, machte sich dabei im vergangenen Herbst für ein zweistufiges „Quick Freeze“-Verfahren stark. In der ersten Stufe werden die Anbieter von Telekommunikationsdiensten verpflichtet, bestimmte Verkehrsdaten nicht zu löschen; dies können etwa die Daten eines Netzknotens, von dem aus Hacker-Angriffe erfolgt sind, oder Daten einer bestimmten Person, die einer Straftat verdächtig ist, sein. Innerhalb einer vorgegebenen Frist – diskutiert werden zwei Wochen, aber auch sechs Monate – müssen die Ermittlungsbehörden dann den Nachweis erbringen, dass ihnen die vorgehaltenen Daten nach den gesetzlichen Vorgaben in einem Ermittlungsverfahren übermittelt werden müssen. Diese Auskunft bedarf einer richterlichen Genehmigung. Sofern innerhalb der Frist keine entsprechende Anordnung ergeht, sind die Daten zu löschen.
Doch da hat er die Rechnung offenbar ohne die deutschen Provider gemacht. Wie heise.de meldet, befürchten sie, dass Anfragen der Strafverfolger bei den Zugangsanbietern enorm zunehmen könnten und „immense Folgekosten“ nach sich ziehen. Die Wirtschaftspolitik müsse innovative deutsche Branchen vor solchen „unglaublichen und überflüssigen Belastungen schützen“. Ferner befürchtet der eco-Vorstandsvorsitzende Michael Rotert, dass die Polizei bei jedem auch geringfügigen Verdacht Daten vorsichtshalber einfrieren lässt, unabhängig davon, ob sie später benötigt werden oder nicht.
Dagegen scheint sich EU-Justizkommissarin Viviane Reding für ein solches Modell begeistern zu können. In der Zeitung „Die Welt“ wird sie mit den Worten „Das ist ein erster Schritt in die richtige Richtung“ zitiert, wobei sie auf ein Eckpunktepapier des Bundesjustizministeriums Bezug nimmt, in dem das Modell des Quick Freeze vorgestellt wird. Berücksichtigt man, dass das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil die Regeln zur Erhebung von Bestandsdaten grundsätzlich nicht beanstandet hat, ist es wohl nur eine Frage der Zeit, bis das verfassungswidrige Gesetz durch ein neues ersetzt ist. Das politische Kräftemessen hat jedenfalls bereits längst begonnen.