Virtuelle Mauer

Russland baut sich ein eigenes DNS

Am 01. November 2019 ist in Russland das »Gesetz über das souveräne Internet« in Kraft getreten. Neben bereits bekannten Überwachungsinstrumenten setzt es erstmals auf eine neue Kontrolltechnik: ein zweites nationales Domain Name System.

In seinen Anfängen gestartet als »Internetting project«, zählt das Domain Name System (DNS) als hierarchischer Verzeichnisdienst mit tausenden, weltweit verteilter Server als Herzstück der Kommunikation über das Internet. Dass das staatliche Begehrlichkeiten weckt, zeigt das »Gesetz über das souveräne Internet«, das Präsident Wladimir Putin im Mai 2019 für die Russische Föderation unterzeichnet hat und das am 01. November 2019 in Kraft getreten ist. Mit der Begründung einer Verbesserung der Cybersicherheit werden damit die Bemühungen um ein eigenes, nationales Internet auf eine neue Stufe gestellt. Dazu sieht das Gesetz ein Überwachungs- und Managementzentrum vor, das von der russischen Telekommunikationsagentur Roskomnadsor beaufsichtigt wird. Es erlaubt der Regierung, den nationalen Providern ohne gerichtliche Kontrolle Anweisungen zu erteilen, ohne dass die Öffentlichkeit informiert werden muss, aus welchen Gründen dies geschieht. Voraussetzung ist eine „Sicherheitsbedrohung“, ohne dass das Gesetz diesen Rechtsbegriff jedoch abschließend definiert.

In technischer Hinsicht verpflichtet das Gesetz die russischen Internet Service Provider dazu, den ein- und ausgehenden Datenverkehr über spezielle Gateway-Server laufen zu lassen. In diesem Rahmen nutzt Russland zunächst so genannte „deep packet inspection“ (DPI). Dabei werden der Datenteil und der Headerteil eines Datenpaketes darauf untersucht, welche konkreten Inhalte übertragen werden; zugleich ist es in gewissen Fällen möglich, diese Inhalte in Echtzeit zu verändern, umzuleiten und zu unterdrücken. Russland geht aber noch einen Schritt weiter und baut ein eigenes DNS auf. Ruft man in Russland ab 01. Januar 2021 eine Website auf, kann Roskomnadsor diese Information einsehen und entscheiden, ob die Website angesteuert werden darf oder der Nutzer – ohne dass er es merkt – auf eine andere Seite umgeleitet wird. Die meisten russischen Provider verfügen derzeit noch nicht über die dafür notwendige Technik. Nach Angaben des Nachrichtenportals RBK wird sie bis Ende 2019 zunächst im Verwaltungsgebiet Ural getestet. Schon Ende Oktober 2019 wurden dort bei den vier grossen Telekommunikationsunternehmen Rostelecom, MTS, Megafon und Vimpelcom sowie bei mehreren kleineren Anbietern entsprechende Geräte installiert und in Intervallen testweise eingeschaltet.

Dieses Gesetz ist der Versuch, die Internetzensur in Russland auf eine neue Stufe zu heben: Es belegt, dass die russische Führung bereit ist, die gesamte Infrastruktur des Netzes unter politische Kontrolle zu bringen, um bei Bedarf den digitalen Informationsfluss abzuschneiden,

spart Christian Mihr, der Geschäftsführer der Nicht-Regierungsorganisation Reporter ohne Grenzen, nicht mit Kritik. Über Virtual Personal Networks (VPN) soll es dessen ungeachtet möglich sein, die staatliche Infrastruktur zu umgehen; auch insoweit laufen aber Bemühungen, den so strömenden Datenverkehr besser zu kontrollieren.

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