Zensur

DNS-Sperrung durch Provider vereinbart

Trotz aller Kritik hat sich Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen mit ihren Plänen zur teilweisen Sperrung des Internets über das Domain Name System durchgesetzt: vergangene Woche unterzeichneten fünf Provider mit dem Bundeskriminalamt (BKA) einen entsprechenden Vertrag. Am 22. April 2009 wurde zudem der Entwurf zur Änderung des Telemediengesetz (§ 8a TMG-E) vom der Bundesregierung abgesegnet.

Im Kampf gegen kinderpornographische Inhalte im Internet setzt die Bundesregierung auf das Domain Name System. Am 17. April 2009 verpflichteten sich mit der Deutschen Telekom AG, der Vodafone Deutschland und Arcor AG, der Alice/HanseNet Telekommunikation GmbH, der Kabel Deutschland GmbH und der Telefonica O2 Germany GmbH & Co. OHG fünf Provider vertraglich gegenüber dem BKA, zeitnah Seiten mit kinderpornographischem Inhalt zu sperren. Nach Angaben des Familienministeriums decken diese fünf Unternehmen rund 75 Prozent des deutschen Anbietermarktes ab. Die Liste der zu sperrenden Adressen ermittelt, liefert und verantwortet das BKA. Spätestens in sechs Monaten muss die Technik funktionsfähig in Gang gesetzt sein; wer dann eine der gesperrten Seiten aufruft, dem erscheint eine dem STOPP-Verkehrssschild nachempfundene rote Graphik, die den Nutzer darauf hinweist, dass die angesteuerte Website in Zusammenhang mit Kinderpornographie genutzt wird. Der genaue InHalt des Vertrages zwischen den Providern und dem BKA ist nicht bekannt; vor kurzem hatte der Chaos Computer Club jedoch einen Entwurf veröffentlicht, der sich von der Endfassung wenig unterscheiden dürfte.

Flankiert wird der Vertrag durch eine Änderung des Telemediengesetzes. Am 22. April 2009 hat die Bundesregierung die Einführung des § 8a TMG-E beschlossen, den sie dann als Gesetzesentwurf in den Bundestag einbringen wird. Aufgrund dieser Norm ist es unter anderem und entgegen früherer Verlautbarungen der Bundesregierung den Providern gestattet, die Zugriffe auf gesperrte IP-Adressen zu loggen und diese Daten auf Anforderung an Strafverfolgungsbehörden diesen zu übermitteln (§ 8a Abs. 5 TMG-E). Weiter beschränkt sich der Wortlaut des Abs. 2 nicht mehr nur auf Kinderpornografie, die zu sperrende Internetangebote enthalten müssen.

Ob eine Sperre über das Domain Name System sinnvoll ist, steht jedoch ernsthaft in Zweifel. So weist etwa das Computermagazin c´t darauf hin, dass die Sperren leicht zu umgehen sind. Da lassen sich im Internet kinderleicht Schritt-für-Schritt-Anleitungen, zum Teil durch ein Video dokumentiert, finden, die zeigen, wie man die Sperre durch wenige Klicks umgehen kann. Im übrigen blendet eine Sperrung des DNS andere Verteilungsmöglichkeiten wie Tauschbörsen, Newsgroups, Chats, eMail oder die klassische Post aus. Experten fürchten weiter, dass eine solche „schwarze Liste“ den Weg für die Zensur des Internets eröffne; ein Gutachten des wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestags sieht daher Beeinträchtigungen der Artikel 5 und 10 des Grundgesetzes durch diesen politischen Aktionismus. Von gerichtlichen Auseinandersetzungen ist derzeit jedoch noch nichts bekannt.

Unter zensurprovider.de lässt sich mittlerweile eine private Website finden, auf der aufgelistet ist, wie einzelne Provider mit der Sperre umgehen. Demnach haben wohl Freenet und 1&1 (United Internet AG) auf gesetzliche Regelungen gewartet, während andere Provider wie Manitu angekündigt haben, im Falle eines Gesetzes gerichtlich dagegen vorzugehen, notfalls bis zum Bundesverfassungsgericht.

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