Websperren

EG-Richtlinie nimmt falsches Maß

Websperren und Kinderpornografie bleiben auch im Jahr 2011 Thema. Die EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström sah sich Ende letzten Jahres einer Anfrage aus den eigenen, liberalen Reihen bezüglich der Einführung von Websperren ausgesetzt. Ihrer Ansicht nach sind Websperren gegen Kinderpornografie und Websperren wegen Terrorismusbekämpfung und anderen Tatbeständen etwas jeweils anderes. Angesichts der aktuellen Anhörung des zuständigen Ausschusses vor dem EU-Parlament wird nochmals deutlich, dass seitens der Politik am Problem vorbeigearbeitet wird.

Am 04. November 2010 stellten drei Abgeordnete der ALDE (Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa) eine Anfrage an die Europäische Kommission, in der sie die auf Grundlage des Artikels 21 der Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs und der sexuellen Ausbeutung von Kindern sowie der Kinderpornografie mögliche Internetsperren hinterfragen. Sie verwiesen unter anderem auf einen Bericht der OSZE über Websperren in der Türkei, wonach Websperren wahrscheinlich gegen die Europäische Menschenrechtskonvention verstoßen, und den im Jahr 2007 von der Kommission im Zusammenhang mit Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus gefasste Beschluss, keine Vorschläge zum Sperren des Zugangs zu Websites vorzulegen, weil Sperren zu schnell umgangen würden. Dies aber gelte ja auch für Kinderpornografie-Websites. Zudem befürchte man nach Einführung von Websperren auch deren Ausweitung auf andere Tatbestände.

Wie Malmström am 17. Dezember 2010 mitteilte, sei zwischen Meinungsfreiheit, Informationsfreiheit und Verbrechensbekämpfung zu differenzieren: Bei Terrorbekämpfungsmaßnahmen und die in der Türkei eingeführten Websperren handele es sich um Fragen der Meinungs- und Informationsfreiheit. Bei Kinderpornografie handele es sich um Verbrechen. Und Befürchtungen einer schleichenden Ausweitung der Sperrung auf andere Politikbereiche sei unbegründet, da die Kommission die Sperrung des Internetzugangs lediglich im Zusammenhang mit Kinderpornografie, nicht aber im Zusammenhang mit dem Anstacheln zu Terrorismus vorgeschlagen habe.

Worin genau der Unterschied der unterschiedlichen Websperren, die man leicht umgehen könne, liegt, so dass die einen sinnlos sind, die anderen aber sinnvoll, bleibt unklar. Und dass die einmal implementierte Sperrinfrastruktur über kurz oder lang auch anders genutzt werden wird, liegt nahe, wenn nicht gar auf der Hand. – Am 10. Februar 2011 hatte der Innenausschuss im Hinblick auf die Richtlinie gegen Kinderpornografie eine Anhörung vor dem Parlament. Nach wie vor ist man überwiegend der Ansicht,Löschen gehe vor Sperren, aber gesperrt müsse doch werden, weil die Löschung oft zu lange daure. Dass dieses Problem aber eines der Ermittlungsbehörden und der Kommunikation zwischen diesen sein könnte, wird nicht recht ins Kalkül gezogen. Zudem gehen, wie Rechtsanwalt Thomas Stadler auf seinem Blog internet-law.de feststellt, die Bestrebungen komplett an der Realität vorbei: Der diskutierte Entwurf für die EG-Richtlinie berücksichtigt alleine das World Wide Web. Das aber ist „kein relevanter Umschlagsplatz für Missbrauchsdarstellungen im Internet und kann bestenfalls als Nebenkriegsschauplatz bezeichnet werden.“

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