Netzsperren

Österreich vor Gesetzesänderung

Das österreichische Bundesministerium für Inneres (BMI) bereitet einschneidende Maßnahmen für das Internet vor: in Zukunft soll es Anbietern von Internetzugangsdiensten gestattet sein, »Verkehrsmanagementmaßnahmen« anzubieten.

Im Juli 2017 hat das BMI einen Ministerialentwurf für ein Bundesgesetz veröffentlicht, mit dem das Sicherheitspolizeigesetz, das Bundesstraßen-Mautgesetz 2002, die Straßenverkehrsordnung 1960 und das Telekommunikationsgesetz 2003 geändert werden sollen. In diesem Rahmen sollen wesentliche Maßnahmen zur Stärkung der Sicherheit – sowohl in objektiver als auch in subjektiver Hinsicht implementiert werden. Hierzu wird bei § 17 Telekommunikationsgesetz 2003 folgender Abs. 1a eingefügt:

Anbieter von Internetzugangsdiensten können Verkehrsmanagementmaßnahmen im Sinn von Art. 3 der Verordnung (EU) 2015/2120 zur Vermeidung von strafrechtlich relevanten Handlungen, wie etwa Datenbeschädigung durch Viren, Computerkriminalität, Verbreitung von pornografischen oder gewaltverherrlichenden Darstellungen im Sinn der Jugendschutzgesetze an Minderjährige oder strafrechtlich relevante Urheberrechtsverletzungen, anbieten.

In der Gesetzesbegründung hierzu heisst es:

Um eine nicht zu rechtfertigende Benachteiligung österreichischer Accessprovider zu verhindern und um die Kompetenzen österreichischer Provider u.a. in den Bereich Jugendschutz und Datensicherheit zu stärken, sollen diese ohne Verstoß gegen die Netzneutralität die gleichen Services anbieten können, die sonst nur reine Serviceprovider anbieten können.

Auch wenn das Wort Netzsperren nicht ausdrücklich erwähnt wird, ist mit »Verkehrsmanagementmaßnahmen« nichts anderes gemeint.

Auf ungeteilte Zustimmung stößt der Gesetzesentwurf allerdings nicht. Der Chaos Computer Club Wien (C3W) hat eingewandt, dass private Unternehmen, welche oftmals nicht der Europäischen Jurisdiktion unterliegen, nach eigenem Gutdünken den Zugang zum freien Internet blockieren dürfen; dies widerspreche dem Grundsatz auf Informationsfreiheit nach Artikel 11 der Grundrechtscharta. Verbotene Inhalte seien als Offizialdelikte durch die Polizei zu verfolgen und durch Gerichte zu bestrafen. Willkürliche, nach Gutdünken erfolgende Netzblockaden entsprächen dem Status von Diktaturen. Der Verband Internet Service Providers Austria (ISPA) wirft dagegen die Frage auf, ob die geplante Regelung den Bestimmungen zur Netzneutralität in der TSM-VO entspricht. Wichtig wäre es klarzustellen, dass kein Zwang zu einer Sperre bestimmter Webseiten besteht, sondern lediglich eine Möglichkeit zur Erreichung des Schutzziels geschaffen wird.

Was den Stand des parlamentarischen Verfahrens betrifft, lief am 21. August 2017 die Begutachtungsfrist ab. Ob im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens die Bedenken aus den eingereichten Stellungnahmen – die Website des österreichischen Parlaments listet über 9.000 davon auf – Berücksichtigung finden, ist aktuell noch nicht abzusehen.

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