GlüStV

Politik drängt weiter auf Netzsperren

Das Gerangel der Politik um Internetsperren und Vorratsdatenspeicherung nimmt kein Ende. Nachdem das Zugangserschwerungsgesetz so gut wie obsolet ist, bauen die Länder über einen geänderten Glücksspielstaatsvertrag neue Möglichkeiten für Internetsperren. Zugleich fordert die EU von Deutschland eine Neuregelung für die Vorratsdatenspeicherung.

Vorratsdatenspeicherung und Internetsperren sind auf den ersten Blick zwei verschiedene Paar Schuhe, die aber beide die freiheitlichen Bürgerrechte einengen wollen. Das Bundeskabinett hat Anfang April 2011 beschlossen, das umstrittene „Gesetz zur Erschwerung des Zugangs zu kinderpornographischen Inhalten in ommunikationsnetzen“ (Zugangserschwerungsgesetz) aufzuheben. Doch während man auf die entsprechende gesetzliche Aufhebungsregelung wartet, legen die Ministerpräsidenten der Länder des Bundes einen Änderungsentwurf für den Glücksspielstaatsvertrag vor, über den Internetsperren eingeführt werden können. So regelt § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 GlüStV in der aktuellen Entwurfsfassung, dass die zuständige Behörde „Diensteanbietern im Sinne des Telemediengesetzes, insbesondere Zugangsprovidern und Registraren, nach vorheriger Bekanntgabe unerlaubter Glücksspielangebote die Mitwirkung am Zugang zu den unerlaubten Glücksspielangeboten untersagen“ kann. Es ist dies die Einführung von Internetsperren.

Die aktuelle Entwurfsfassung des Glücksspielstaatsvertrages ist aus Sicht von Fachleuten rechtlich höchst bedenklich. Rechtsanwalt Udo Vetter stellt auf lawblog.de klar, dass Behörden erstmals in Deutschland die Möglichkeit erhalten, missliebige Seiten durch bloße Anweisung an die Provider aus dem deutschen Internet verschwinden zu lassen. Solche Anordnungen sind zwar durch Rechtsmittel angreifbar, aber müssten gleichwohl sofort umgesetzt werden. Bis eine rechtliche Klärung erfolgt, können Monate und Jahre vergehen. Rechtsanwalt Thomas Stadler sieht auf internet-law.de einen Eingriff in das Grundrecht der Informationsfreiheit, die von Seiten des Bundesverfassungsgerichts auch für rechtswidrige Inhalte garantiert ist. Davon abgesehen gehe es den Ländern lediglich um ihr Glücksspielmonopol und die damit verbundenen fiskalischen Einnahmen. Dass dieses Glücksspielmonopol vom Europäischen Gerichtshof kritisch gesehen wird und viele Glücksspielangebote im Internet und anderen Ländern der EU legal sind, werde von den Ministerpräsidenten nicht berücksichtigt.

Und als wäre das nicht genug, meldete sich dieser Tage die EU-Kommission und deren Innenkommissarin Frau Cecilia Malmström mit einem Bericht über die Erfahrungen mit der Vorratsdatenspeicherung. Zugleich fordert sie von Deutschland schnelle gesetzgeberische Maßnahmen zur Einführung der Vorratsdatenspeicherung und droht mit Geldstrafen. Die gesetzlichen Regelungen in Deutschland waren im März 2010 vom Bundesverfassungsgericht für nichtig erklärt worden. Dem Bericht der EU-Kommission stellt die European Digital Rights-Initiative eine 30seitige Bilanz gegenüber, die den Bericht fragwürdig aussehen lässt.

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