EU

Wird die Netzneutralität beerdigt?

Neelie Kroes, EU-Kommissarin für die Digitale Agenda, ist in der Debatte um den Grundsatz der Netzneutralität in die Kritik geraten: nach Ansicht von Netzaktivisten bereite sie die Beerdigung dieses Menschenrechts vor. Doch Kroes konterte.

»Neelie Kroes will Netzneutralität per Gesetz schützen« – mit dieser Titelschlagzeile ließ Kroes am 04. Juni 2013 eine Pressemitteilung veröffentlichen und kündigte Gesetzesvorschläge an, um die Netzneutralität in Europa zu sichern. Bereits am 30. Mai 2013 hatte sie sich an die Mitglieder des Ausschusses für den Binnenmarkt und Verbraucherschutz (IMCO) des Europäischen Parlaments gewandt und mitgeteilt:

I want you to be able to say that you saved their right to access the open internet, by guaranteeing net neutrality.“

Ein von netzpolitik.org veröffentlichter Verordnungsvorschlag zur Netzneutralität und Reform des Roaming-Systems lässt allerdings zweifeln, ob und wie ernst es Kroes meint. Darin ist zwar die Rede davon, dass man das Prinzip der technischen Neutralität respektiere; über die Garantie der Netzneutralität findet sich dagegen nichts. Im Gegenteil: laut netzpolitik.org würde der Verordnungsvorschlag alles legalisieren, was derzeit in deutschen Netzen an Verstössen gegen die Netzneutralität stattfinde. Beispielhaft genannt werden der Spotify-Exklusiv-Deal mit T-Mobile, das Verbot von VoIP, P2P und IM in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen von Mobilfunktarifen, die Drosselung von P2P bei Kabel Deutschland ab einem bestimmten Volumen sowie die Einführung von Managed-Services bei der Deutschen Telekom.

Diesen Vorwurf ließ Kroes nicht gegen sich gelten. Über Twitter warf sie netzpolitik.org am 12. Juli 2013 vor, dass deren Meldungen die Bürger Europas in die Irre führe; zugleich gab sie an: »I have promised an absolute safeguard of the open internet #NetNeutrality«. Ihr Sprecher Ryan Heath räumte zwar ein, dass der Verordnungsvorschlag echt sei; gleichwohl sei er aber bereits zeitlich überholt. Laut Heath gäbe es im Moment hierzulande keine Netzneutralität; mit dieser Verordnung solle es sie aber bald geben. Am 18. Juli 2013 legte Kroes mit einem Blogeintrag nach:

Safeguarding access to the open internet – access for all – is my priority“.

Allerdings ließ sie sich eine Hintertür offen. Das Internet sei nicht kostenlos; es erfordere Netzwerke und Investitionen. Es gehe daher um mehr Auswahl; wer sich gegen Extra-Gebühren entscheide, erhalte immer noch ein gutes Produkt. Ihre Vorstellungen gingen offenbar in Richtung des »best-efforts«-Internet. Laut Wikipedia bedeutet »best effort« in paketvermittelnden Netzen alle eintreffenden Pakete weiterzuleiten, solange im Netz noch freie Übertragungskapazität vorhanden ist; eine fehlerfreie und vollständige Übermittlung ist dabei nicht garantiert.

Weder dem Internet noch den Internetnutzern ist mit anhaltenden Diskussionen um die Netzneutralität geholfen. Es bleibt daher zu hoffen, dass allen Worten bald schon Taten folgen.

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