Netzverwaltung

IANA-Vertrag vor Verlängerung

Die US-Regierung geht nicht mehr davon aus, dass die Übergabe der IANA-Funktionen in die Hände der Community noch in diesem Jahr abgeschlossen wird. Dies legt der Quartalsbericht der National Telecommunications and Information Administration (NTIA) nahe.

Vor über einem Jahr, im März 2014, hatte die innerhalb des US-Wirtschaftsministeriums zuständige NTIA mitgeteilt, Schlüsselfunktionen des Domain Name Systems (DNS) auf die globale Multistakeholder-Community übertragen zu wollen. Seither ist zwar viel Zeit vergangen, entscheidend weitergekommen ist man trotz zahlreicher Gespräche aber bisher nicht. Im »Second Quarterly Report« der NTIA, der Mitte Mai 2015 veröffentlicht wurde und den Zeitraum 1. Februar bis 31. März 2015 in Bezug nimmt, findet sich wenig, das auf einen raschen Abschluss deutet. Einig ist man sich zumindest, dass der Übergangsplan aus drei Bereichen besteht, nämlich »protocol parameters«, »Internet numbering resources« und »naming-related functions«. Mit Vorschlägen zu den beiden erstgenannten Bereichen befasst sich die IANA Stewardship Transition Coordination Group (ICG), bei letztgenanntem Bereich sucht eine Cross Community Working Group (CWG), welche die »domain name community« repräsentiert, nach Lösungen. Sie hat sich zuletzt Ende März in Istanbul getroffen; dabei hat man sich nach Beratung mit der Anwaltskanzlei Sidley Austin LLP darauf verständigt, sich auf ein internes Modell zu konzentrieren, das die Strukturen von ICANN nutzt. Die von ICANN-CEO Fadi Chehadé geförderte »NetMundial Initiative« zur Zukunft der Netzverwaltung findet sich im IANA-Report dagegen mit keinem Wort.

ICANN selbst arbeitet derweil intensiv daran, Mechanismen für die eigene Rechenschaft (»Accountability«) gegenüber der Community zu erweitern und zu verstärken. Dabei fährt man zweigleisig: ein Teil der Maßnahmen muss zwingend vor dem Übergang der IANA-Funktionen in Kraft getreten sein, der zweite Teil ist langfristig angelegt. Offenbar will man so einen Stillstand in den Verhandlungen vermeiden. Dabei stehen auch die ICANN-Statuten auf dem Prüfstand; sie sollen künftig eine Regelung enthalten, die es ICANN untersagt, die eigenen Kompetenzen einseitig auszudehnen. Auch ein Veto-Recht der Community beim ICANN-Budget wird diskutiert, ebenso eine Möglichkeit, einzelne Mitglieder oder gleich die gesamte ICANN-Leitung durch die Community abzuberufen. Jedoch ist derzeit sogar noch offen, wer am Ende überhaupt Mitglied der viel beschworenen »Community« sein soll. Die NTIA lässt bei alldem keinen Zweifel, dass sowohl in Bezug auf die Übertragung der IANA-Funktionen als auch der Rechenschaftspflicht von ICANN Lösungen gefunden werden müssen, bevor man sie in die Unabhängigkeit entlässt.

Dabei lässt man sich auch nicht drängen. Zwar endet der aktuelle IANA-Vertrag zwischen der US-Regierung und ICANN bereits am 30. September 2015; die NTIA spricht insoweit aber lediglich von einem Solltermin und keiner Ausschlussfrist. Man habe daher die Flexibilität, den Vertrag zu verlängern, wenn die Community mehr Zeit benötigt, um verbindliche (und akzeptable) Lösungsvorschläge zu erarbeiten. Es liege daher an der Community selbst, einen Vorschlag zu unterbreiten, der sämtliche Bedingungen der NTIA erfüllt. Es gilt daher als wahrscheinlich, dass der IANA-Vertrag um mindestens sechs Monate verlängert wird. Da der »Second Quarterly Report« aber sogar einen Ausblick auf das kommende Jahr wagt, ist selbst eine Verlängerung um ein Jahr nicht ausgeschlossen.

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