IETF

Wird das »Tor-Projekt« zum Standard?

Das Internet soll ein Stück anonymer werden: eine Arbeitsgruppe der Internet Engineering Task Force (IETF) hat Kontakt mit den Architekten des »Tor-Projekts« aufgenommen, um einen neuen Standard zu entwickeln. Mit einer raschen Umsetzung ist jedoch nicht zu rechnen.

Anfang 2008 traf das Bundesverfassungsgericht eine Entscheidung, die erstmals das Grundrecht auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme postulierte und auf einen Grundsatz erkannte, der den Umgang mit dem Internet wegweisend prägend sollte. Die heimliche Infiltration eines informationstechnischen Systems, mittels derer die Nutzung des Systems überwacht und seine Speichermedien ausgelesen werden können, ist demnach verfassungsrechtlich nur zulässig, wenn tatsächliche Anhaltspunkte einer konkreten Gefahr für ein überragend wichtiges Rechtsgut bestehen (BVerfG, 1 BvR 370/07 vom 27. 2.2008). Nicht nur aktuelle Spähaffären werfen jedoch die Frage auf, wie dem Bedürfnis nach Schutz vor staatlichem Zugriff im Bereich der Informationstechnik aus praktischer Sicht begegnet werden kann. Die aus Arbeitsgruppen bestehende Internet Engineering Task Force (IETF), die sich mit der technischen Weiterentwicklung des Internets befasst, hat in diesem Zusammenhang bei den Architekten des „Tor-Projekts“ angefragt, ob ihr Netzwerk zur Anonymisierung von Verbindungsdaten nicht zu einem allgemeinen Standard ausgebaut werden könnte.

Die Zusammenarbeit mit dem »Tor-Projekts« (ein Akronym für »The Onion Routing«) soll dazu führen, dass besuchte Webseiten weder die wahre IP-Adresse des Nutzers melden können noch Hinweise zu seinem Ort geben; eine Auswertung des Traffics bliebe damit in der Praxis wertlos. Parallel zur Verschlüsselung des Datenverkehrs würde somit eine zusätzliche Sicherheit für anonyme Internetnutzung geschaffen. Andrew Lewman, Executive Director bei Tor, gab an, über die Anfrage der IETF nachzudenken. Die mögliche Zusammenarbeit stehe aber noch ganz am Anfang; man stelle sich bisher erst die Frage, ob man ein »gemeinsames Date« will. Schon jetzt kann aber jeder Nutzer »Tor« nutzen; die dazu notwendige Software steht zum kostenlosen Download zur Verfügung.

Allerdings verspricht auch das Tor-Projekt keine absolute Anonymität. Zwar beschreibt Jörg Ziercke, der Präsident des deutschen Bundeskriminalamts, die in TOR-Netzwerken versteckte »Silk Road 2.0« als die größte Herausforderung für die Kriminalistik. Die von Edward Snowden veröffentlichten Dokumente legen jedoch nahe, dass eine Umgehung möglich und das Tor-Netzwerk durch einen Angriff namens »traffic analysis« verletzbar ist. Bis zu 80 Prozent der Nutzer sollen so innerhalb von sechs Monaten demaskiert worden sein. Die Arbeiten an einer technischen Abdichtung dieses Lecks sollen aber ebenfalls bereits laufen.

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