Das .info-Challenge-Verfahren

Am 28. August 2001 hat die zweite Stufe des .info-Vergabeverfahrens, das sogenannte Challenge-Verfahren begonnen. Das Challenge-Verfahren endet am 26. Dezember 2001.

In der ersten Stufe, der sogenannten Sunrise Period, wurden zunächst alle .info-Anmeldungen gesammelt und die Domainzeichenfolgen ohne weitere Prüfung in einem vollautomatisierten Verfahren durch Afilias in den USA entsprechend des vorliegenden Antrages vergeben. Bei Anträgen zu einer gleichlautenden Domain wurde durch Los entschieden. Dabei konnte es vorkommen, dass auf diesem Wege ein Bewerber ohne die für die Sunrise Period erforderlichen Markenrechte den „Zuschlag erhielt“, während der an sich berechtigte Antragsteller leer ausging.

Um solchen Missbrauchsfällen einen Riegel vorzuschieben, war von vorneherein das Challenge-Verfahren vorgesehen, ein Schiedsgerichtsverfahren, das dem formal Berechtigten jetzt zu seiner Domain verhelfen kann. Die Zweistufung des Verfahrens hat für die Vergabestelle Afilias den großen Vorteil, bei der Masse der Anträge nicht jeden Antrag einzeln prüfen zu müssen, sondern lediglich strittige Fälle an die Schiedsstelle WIPO (world intellectual property organization) zu verweisen. Weder Afilias noch die einzelnen Registrare waren gemäß ICANN- Abkommen zu einer Überprüfung der Sunrise-Anmeldungen verpflichtet. Zu recht kann daher das Challenge- oder Einspruchsverfahren auch als zweite .info-Vergaberunde bezeichnet werden, denn hier kommen nach einem entsprechenden Challenge-Antrag im Streitfalle die tatsächlich Berechtigten zum Zuge.

Hat also jemand die strengen Vergaberichtlinien der .info-Vergabestelle Afilias wissentlich oder auch unwissentlich bei Antrag auf Zuteilung der Domain nicht erfüllt, so kann ihm dies nun zum Verhängnis werden.

Denn einen Challenge-Antrag kann jeder stellen, unabhängig davon, ob man selbst eine Rechtsverletzung geltend machen kann oder lediglich aus freien Stücken gegen einen Domain-Inhaber vorgehen will (sog. Popularklagebefugnis).

Das Challenge-Verfahren läuft in beiden Fällen folgendermaßen ab:

Sofern ein Challenger beantragt, eine bestimmte .info-Domain durch die WIPO überprüfen zu lassen, muss er mittels Kreditkarte US$ 295 an WIPO-Gerichtsgebühren als Vorkasse leisten und das von der WIPO vorgegebene, webbasierte Challenge-Formular ausgefüllt via Internet übermitteln. Eine Eingabe des Challenge-Antrages mittels Briefpost ist nicht möglich. Verfahrenssprache ist dabei ausschließlich Englisch. Anwaltszwang besteht nicht, anwaltliche Vertretung ist jedoch zulässig.

Zum Challenge-Formular: https://www3.wipo.int/sunrise/challenge.html

Im Anschluss daran wird der vorläufige .info-Domaininhaber zum Schiedsbeklagten, auch Respondent genannt, und von der WIPO aufgefordert binnen zehn Tage US$ 295 an Gerichtsgebühr zu leisten (durch Angabe der Kreditkartenverbindung) sowie innerhalb von 60 Tagen Markenrechtsnachweise einzuschicken. Als Markenrechtsnachweis zählt dabei allein die Originalmarkenurkunde des nationalen Markenamtes oder eine beglaubigte Kopie. Die Schriftstücke müssen dabei in englischer Sprache verfasst sein bzw. in beglaubigter Übersetzung ins Englische vorliegen. Kommt der Respondent dieser Aufforderung nicht fristgerecht nach, verliert er das Verfahren und damit seine eben erst zugeteilte Domain. Andernfalls überprüft die WIPO die eingegangenen Markenrechtsurkunden in bezug auf folgende Punkte:

(1) Ist der Domaininhaber identisch mit dem Markenrechtsinhaber?
(2) Ist das Markenrecht noch gültig und hat es (bundes-)staatliche Geltung?
(3) Trat das Markenrecht schon vor dem 2.Oktober 2000 in Kraft?
(4) Ist der Domain-Name identisch mit der eingetragenen Marke?

Erfüllt der Respondent auch nur eine der Bedingungen nicht, so verliert er das Verfahren und damit auch den Domain-Namen. Der Challenger kann dabei den Domain-Namen – sofern selbst Markeninhaber – auf sich selbst übertragen lassen („Transfer“) oder auf Löschung („Cancellation“) klagen. Hat der Challenger im Wege des Transferverfahrens die Domain erhalten, kann er jedoch selbst ebenfalls Beklagter eines Challenge-Verfahrens werden.

Zu beachten ist, dass alleiniger Prüfungsgegenstand im Challenge-Verfahren die o.g. vier Punkte darstellen, d.h. eine materiellrechtliche Prüfung findet nicht statt. Deshalb ist es auch irrelevant, ob jemand die älteren oder „besseren“ Markenrechte besitzt. Eine markenrechtliche Überprüfung würde der Zielsetzung des Challenge-Verfahrens, eine möglichst rasche und effiziente Domainstreitbeilegung zu gewährleisten, zuwiderlaufen.

Diese Vorgehensweise ist auch unter dem Gesichtspunkt zu sehen, dass es sich oftmals um internationale Streitigkeiten handelt und internationale Rechtsvergleichung nicht Sache eines zügigen Schiedsverfahrens sein kann. Allerdings wird die in Deutschland verbreitete Wort-/Bildmarke vor der WIPO ebenfalls als Markennachweis zugelassen, so dass sich daraus erklärt, dass eine Reihe allgemeinbeschreibender Begriffe (rechtmäßig!) als Domain eingetragen werden konnte.

Bei Erfolg des Challenge-Verfahrens erhält der Challenger seine vorab geleisteten US$ 295 bis auf einen Betrag von US$ 75 zurück, die Gebühr des unterlegenen Respondent wird dagegen einbehalten. Eine Ausnahme hiervon entsteht jedoch dann, wenn der Respondent sich weigerte, seine Gerichtskosten im voraus zu entrichten. In diesem Fall verliert der Respondent zwar schon allein aufgrund dieser Tatsache, der Challenger bleibt aber auf den gesamten Gerichtskosten sitzen. Gewinnt hingegen der Respondent, so erhält er seine Schiedsgerichtsgebühren vollständig zurück und der Challenger hat für das Verfahren aufzukommen.

Dennoch empfiehlt sich die Einleitung eines Challenge-Verfahrens, sofern man selbst o.g. Voraussetzungen erfüllt und begründete Zweifel an der Legitimation des vorläufigen .info-Domain-Inhabers hegt.

Eine darüber hinausgehende juristische Auseinandersetzung vor den jeweiligen nationalen Gerichten bleibt jedem Anspruchsberechtigtem unbenommen, jedoch wird dies in der Regel der mühsamere und langwierigere Weg sein.

Wer sich über den aktuellen Stand der laufenden Challenge-Verfahren informieren möchte, kann eine Liste der im Challenge-Verfahren angegriffenen Domains sowie die Anzahl der jeweiligen Challenger unter folgender URL abrufen:

http://arbiter.wipo.int/domains/cases/2001/dinfo0001-0199.html

An gleicher Stelle soll auch über den Ausgang der Verfahren berichtet werden.

Da gegen die Sunrise-Statuten unerwartet oft verstoßen wurde (Schätzungen zufolge in 15% bis 20% der Fälle), hat Afilias zusätzlich angekündigt, selbst gegen regelwidrig registrierte vorzugehen und zumindest in offensichtlichen Fällen die unrechtmäßig erworbene .info-Domains wieder zu entziehen und für die Allgemeinheit freizugeben.

Der Zeitpunkt, an dem man sich um die im Challenge-Verfahren gelöschten und von Afilias entzogene Domains erneut bewerben kann, ist noch unbestimmt. Dieser wird von Afilias (d.h. nicht von der WIPO) nach Ende der Challenge Period festgelegt und wird wahrscheinlich um Anfang Januar 2002 liegen.

Weitere Links zum Challenge-Verfahren:

http://www.afilias.info/faq/sunrise-challenge-policy.html
http://www.afilias.info/faq/sunrise-challenge-rules.html

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