RA Peter Müller im Interview über newTLDs

Die Einführung neuer Domain-Endungen, bei der sich im Grunde jedermann um die eigenen Top Level Domain bewerben kann, bedeutet einen historischen Umbruch im Umgang mit dem Internet. Die Folgen sind derzeit noch nicht absehbar. Aber dass sich das Internet, der Umgang mit dem Internet und seine Bedeutung verändern werden, liegt auf der Hand. Dies wirkt sich auch auf rechtlicher Ebene aus.

Damit sich das Bewusstsein der Öffentlichkeit hinsichtlich der Einführung neuer Domain-Endungen schärft, haben wir Fachleute zum Thema Neue generische Domain-Endungen (new gTLDs) befragt. In loser Folge bringen wir Ihnen Interviews mit Spezialisten des Domain- und Internetrechts, die ihre Sicht auf die neuen Domain-Endungen darstellen und von Ihren Erfahrungen bei der Beratung zu diesem Thema berichten.

Unser sechster Gesprächspartner ist Rechtsanwalt Peter Müller, muepe.de und bpm-legal.de, München.

* * * * * *
 
domain-recht.de: Seit wann beschäftigen Sie sich mit dem IT-Recht?
 
RA Peter Müller: Seit 2002, als Rechtsanwalt seit 2005.
 
domain-recht.de: In welchem Bereich des IT-Rechts sind Sie vorrangig tätig?
 
RA Peter Müller: In den Bereichen Markenrecht, Internetrecht und Wettbewerbsrecht. Ein Schwerpunkt meiner Tätigkeit liegt im Domainrecht und im Bereich der alternativen Streitbeilegungsverfahren (UDRP, usDRP, INDRP, ?).
 
domain-recht.de: Seit wann bloggen/twittern Sie, und was hat Sie dazu veranlasst?
 
RA Peter Müller: Mein Weblog muepe.de betreibe ich seit 2004. Grund für die Einrichtung des Blogs war das Interesse an dem Medium Internet und die durch ein Blog ermöglichte große Reichweite. Twitter nutze ich seit 2009.
 
domain-recht.de: Können Sie einschätzen, wer Ihre Leser sind?
 
RA Peter Müller: Da ich hauptsächlich zum Domainrecht schreibe besteht meine Leserschaft aus Personen, die mit den rechtlichen Fragestellungen bei der Registrierung und Benutzung von Domainnamen konfrontiert sind, darunter Domainer, Registrare, Domain-Management-Dienstleister und Firmen mit eigenen Domainportfolios. Es sind sicherlich auch zahlreiche Juristen und Kollegen unter den Lesern.
 
domain-recht.de: ICANN hat beschlossen, neue generische Top Level Domains einzuführen. Wie stehen Sie zu den neuen Domain-Endungen?
 
RA Peter Müller: Die Einführung neuer TLDs bietet für Unternehmen die Möglichkeit, das Marketingkonzept neu auszurichten und unter sprechenden Domainnamen (wie bspw. ?pc.ibm?) aufzutreten. Auch Endungen wie ?.shop? oder ?.web? oder Community-TLDs wie ?.berlin? können sicher ihre Nutzerkreise finden. Ich gehe jedoch davon aus, dass die Vielzahl der TLDs auch zu Verwirrung führen kann und die Nutzer in Folge dessen noch stärker über Suchmaschinen suchen werden. Die Erfahrung aus der Vergangenheit hat auch gezeigt, dass einzelne neu eingeführte TLDs kein nachhaltiges Interesse wecken. Daher ist davon auszugehen, dass auch einige der nun einzuführenden TLDs ein Schattendasein führen werden.
 
domain-recht.de: Stellen Sie bei Ihren Mandanten eine verstärkte Nachfrage zum Thema neue Domain-Endungen fest?
 
RA Peter Müller: Ja, vielfach besteht jedoch noch eine große Verunsicherung über die potentiellen Chancen und Risiken. Für Markeninhaber bedeutet die Einführung der neuen TLDs schließlich, dass in Zukunft eine Vielzahl von Domain-Endungen auf rechtsverletzende Registrierungen hin überprüft werden müssen.
 
domain-recht.de: Haben Sie schon zur Frage der neuen Domain-Endungen beraten, sei es zum Schutz von Marken oder sogar im Hinblick auf eine Bewerbung bei ICANN?
 
RA Peter Müller: Ich hatte bereits einzelne Anfragen von Unternehmen, die sich selbst für die Bewerbung um eine neue gTLD interessieren. Darüber hinaus gibt es Anfragen von Markeninhabern, die wissen möchten, welche Gefahren von den neuen TLDs ausgehen und wie sie ihre Kennzeichenrechte gegen die unberechtigte Registrierung durch Dritte schützen können, sei es als TLD oder als Domainname unter einer der neu einzuführenden TLDs.
 
domain-recht.de: Erwarten Sie mit der Einführung neuer Domain-Endungen einen Anstieg von Domain-Rechtsstreitigkeiten?
 
RA Peter Müller: Wie die Erfahrung gezeigt hat, gibt es unter neu eingeführten TLDs immer zahlreiche Rechtsverletzungen. Auf Grund der Vielzahl der zu erwarteten neuen TLDs wird meiner Meinung nach notwendigerweise auch die Anzahl der Streitigkeiten zunehmen. Der Großteil der Streitigkeiten ist jedoch nicht schon während der Einführungsphase sondern erst dann zu erwarten, wenn Domainnamen unter den neuen TLDs frei registrierbar sind.
 
domain-recht.de: Wo werden diese Auseinandersetzungen Ihrer Ansicht nach ausgetragen werden: vor Zivilgerichten oder im Rahmen von außergerichtlichen Schiedsverfahren?
 
RA Peter Müller: Ich gehe davon aus, dass Streitigkeiten in der Mehrzahl der Fälle über außergerichtliche Schiedsverfahren gelöst werden. Da die rechtsverletzenden Domainregistrierungen in den meisten Fällen durch Domaininhaber im Ausland erfolgen, gegen die die Kosten der Rechtsverfolgung ohnehin nur schwer durchgesetzt werden können, stellen alternative Streitbeilegungsverfahren ein kostengünstiges und effizientes Mittel dar, gegen die rechtsverletzende Registrierung und Benutzung von Domainnamen vorzugehen. Mit der Uniform Domain Name Dispute Resolution Policy (UDRP), die auf sämtliche Registrierungen unter den neuen gTLDs Anwendung finden wird, steht auch ein über viele Jahre erprobtes Streitbeilegungsverfahren zur Verfügung.
 
domain-recht.de: Haben Sie Tipps für Interessierte und für Kennzeichenrechtsinhaber, wie Sie die Einführung neuer Domain-Endungen angehen sollen?
 
RA Peter Müller: Selbst wenn kein Interesse an einer eigenen TLD besteht, sollte im Vorfeld überlegt werden, ob und in welchem Umfang Bewerbungen im Wege der ?Legal Rights Objections?, die es Kennzeicheninhabern ermöglicht, gegen Bewerbungen für TLDs vorzugehen, angegriffen werden sollen. In diesem Zusammenhang macht es in jedem Fall Sinn zu überwachen, ob die eigenen Marken als TLD angemeldet werden.

domain-recht.de: Vielen Dank für die Beantwortung unserer Fragen.

_

Informieren Sie sich über die neuen Domain-Endungen auf der von united-domains AG ausgerichteten Munich Conference on new Top Level Domains.

NB: domain-recht.de ist ein Projekt der united-domains AG.

Kommentar schreiben

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht, oder weitergegeben.
Bitte füllen Sie die gekennzeichneten Felder aus.*

Abonnieren Sie unseren Newsletter

Der Domain-Newsletter von domain-recht.de ist der deutschsprachige Newsletter rund um das Thema "Internet-Domains". Unser Redeaktionsteam informiert Sie regelmäßig donnerstags über Neuigkeiten aus den Bereichen Domain-Registrierung, Domain-Handel, Domain-Recht, Domain-Events und Internetpolitik.

Mit Bestellung des Domain-Recht Newsletter willigen Sie darin ein, dass wir Ihre Daten (Name und E-Mail-Adresse) zum Zweck des Newsletterversandes in unseren Account bei der Episerver GmbH, Wallstraße 16, 10179 Berlin übertragen. Rechtsgrundlage dieser Übermittlung ist Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe a) der Europäischen Datenschutzgrundverordnung (DSGVO). Sie können Ihre Einwilligung jederzeit widerrufen, indem Sie am Ende jedes Domain-Recht Newsletters auf den entsprechenden Link unter "Newsletter abbestellen? Bitte einfach hier klicken:" klicken.

Top