nTLDs

Neue Stakeholder-Gruppe geplant

Die Bewerber um neue Domain-Endungen sortieren und formieren sich. Während vier große Spieler bei der Bewerbung um neue Domain-Endungen eine eigene Interessengemeinschaft in der ICANN-Familie gründen wollen, wendet sich die Europäische Broadcast Union (EBU) als Bewerber um .radio dem GAC (Government Advisory Committee) zu, und auch die zukünftigen GeoTLD-Betreiber finden zueinander. Konflikte sind nicht auszuschließen.

In einem Schreiben vom 28. Juni 2012 an Dr. Stephen Crocker, Vorsitzender Direktor des ICANN-Direktorenboards, teilen HBSC, Microsoft, Yahoo und Richemont DNS Inc. (die sich unter anderem um .love und .watches beworben hat) mit, dass sie sich zu einer eigenen Stakeholder-Group innerhalb der ICANN-Community formieren wollen, die die Interessen der zukünftig entstehenden »single entity/single user«-Beziehungen berücksichtigt und gegenüber ICANN und der Community vertritt. Seit dem ICANN-Meeting in Costa Rica haben sich einige Parteien die bisher bestehenden Interessengruppen der ICANN-Gemeinschaft angeschaut und keine finden können, bei der sie sich zuhause fühlten. Als Parteien mit völlig neuen Vertragsbedingungen im Spiel um Domains wollen sie eine eigene Interessengruppe gestalten, zumal schon jetzt Konflikte sichtbar werden mit anderen Bewerbern um neue Domain-Endungen, die bereits vorhandenen Interessengruppen zugehörig sind. Ehe man sich hier festlegt, so die Parteien in dem Brief an ICANN und Crocker, beobachte man weiter die Gegebenheiten und die Entwicklungen; sodann wolle man beim kommenden ICANN-Meeting in Toronto die eigene Position präzisieren. Aus Sicht von Dirk Krischenowski, Geschäftsführer der dotBerlin GmbH & Co. KG, streben die DotBrands eine eigene, zur GNSO und ccNSO gleichberechtigte Interessengruppe an. Eine eigene Vertretung würde zunächst größeren Widerständen begegnen, da sie die bestehenden Strukturen von ICANN verändern würde, könnte aber möglicherweise mit Hilfe des GAC durchgesetzt werden.

Zu einer der erwähnten Konfliktparteien dürfte EBU zählen, die European Broadcasting Union, die sich unter anderem um .radio bewirbt und zugleich dem GAC (Government Advisory Committee) zuordnen möchte. EBU steht nicht alleine als Bewerber um die Endung .radio, verschafft sich aber mit der Zuordnung zum GAC und der Bewerbung als Community-Domain den Vorteil, vorrangig behandelt zu werden und auf ein Veto seitens des GAC, das laut Applicant Guide Book ein Vetorecht inne hat, hoffen zu dürfen, sollte es zu Konflikten mit den anderen .radio-Bewerbern kommen. Aber unmittelbar wird EBU eher nicht »Observer«-Mitglied bei GAC werden können. Der Eingang in GAC öffnet sich einem Verband oder einer Gruppe von gleich gesinnten Bewerbern, wie es etwa die Vertreter von GeoTLDs derzeit anstreben.

Dirk Krischenowski teilt auf Anfrage mit:

Seit dem Jahr 2008 arbeiten wir daran eine Interessenvertretung für geographische Top-Level-Domains einzurichten und haben von daher schon viel Erfahrung mit den komplexen Prozessen bei ICANN. Die Gemeinsamkeiten aller GeoTLDs sind die Unterstützung durch Regierung und GAC sowie der oftmals einmalige, aber praktisch immer weltweit bekannte Name oder die Abkürzung der Gebietskörperschaft.“

Zwar könne man eine Gruppe auf die Städte-Domains begrenzen, aber die Interessen mit sonstigen GeoTLDs seien doch sehr ähnlich, so dass eine gemeinsame Gruppe alle GeoTLDs sinnvoll erscheint. Die Herausforderung wird, so Krischenowski weiter, die unterschiedlich Geschäftskonstrukte unter einen Hut zu bringen: So wird es private und staatliche Betreiber geben und die Betriebsmodelle changieren zwischen Single-Registrant- und Publikums-GeoTLDs. Das Team hinter DotBerlin, das unterschiedlichste Endungen initiiert und beraten hat, sieht sich in einer guten Position, eine solche Interessengruppe zu gründen und zu leiten. Entsprechende Gespräche habe man in Prag bereits geführt. Unklar bleibt dabei, auf welcher Ebene sich eine Interessenvertretung der GeoTLDs positioniert. Zunächst scheint auch da das GAC als Hort im Blick zu sein. Doch, Krischenowski weiter,

daneben wird die Arbeit einer solchen Gruppe über die bei ICANN hinausgehen, es gibt zahlreiche große Organisationen von Städten und Regionen, so z.B. die United Cities and Local Govenments (UCLG), bei denen die GeoTLDs verständnisvoll verankert werden müssen. Bei allen Unterschieden ist das gemeinsame Ziel aller Gebietskörperschaft aber ihre GeoTLDs für Place Branding und Marketing gewinnbringend einzusetzen.“

An dieser Stelle kann man sich einmal mehr fragen, ob ICANN nicht vorschnell mit der Einführung neuer Domain-Endungen in diesem Verfahren begonnen hat. Andererseits darf man davon ausgehen, dass jede noch so ausgefeilte Einführung neuer Endungen nicht ohne Konflikte ablaufen würde. Die Erfahrungen, die ICANN jetzt sammelt, kommen zukünftigen Bewerbungsrunden zu Gute.

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