IGF

ITU greift nach IPv6-Adressverwaltung

Die Tinte unter das „affirmation of commitments“ ist kaum getrocknet, schon geht das Gezerre um die Oberaufsicht über das Domain Name System in eine neue Runde: nach einem Bericht des Online-Magazins heise.de will die International Telecommunication Union (ITU) künftig selbst IPv6-Adressen vergeben.

Wie ein Vertreter der ITU am Rande des vierten Internet Governance Forum (IGF) im ägyptischen Seebad Sharm El Sheikh mitteilte, habe man grünes Licht für einen Plan erhalten, wonach die ITU ein Modell für nationale IPv6-Adressvergabestellen entwickeln solle. Ziel ist es, die ITU zur zentralen Koordinierungsstelle der Country Internet Registries aufzuwerten. Da IP-Adressen bisher zentral innerhalb ICANNs von der Internet Assigned Numbers Authority (IANA) vergeben werden, greift die ITU damit direkt nach einem Baustein der Netzverwaltung. Wenig überraschend wies ICANN-CEO Rod Beckstrom diese Forderung dann auch zurück; eine Notwendigkeit einer zusätzlichen IP-Adressvergabestelle sieht er nicht, und vermutet politische Motive hinter der Initiative der ITU. Hintergrund ist, dass die ITU unter dem Einfluss der Regierungen ihrer Mitglieder steht, während ICANN nach mehr Unabhängigkeit strebt. Ein Ende des Machtkampfs zwischen ITU und ICANN ist derzeit nicht absehbar.

Ebenfalls zum Zankapfel entwickelte sich beim IGF das „affirmation of commitments“, das Ende September 2009 ICANNs Beziehung zur US-Regierung auf eine neue Grundlage gestellt hatte. Nachdem bereits die ITU in die Kerbe „Adressvergabe“ geschlagen hatte, konzentrierten sich auch die Forderungen anderer Kritiker darauf, mehr Unabhängigkeit von der US-Regierung anzumahnen. So verlangt Professor Y.J. Park von der Universität Delft in den Niederlanden, dass auch der bis 2011 laufende IANA-Vertrag auf eine internationale Organisation übertragen werden solle. Dem trat ICANN-Veteran Milton Mueller entgegen, der befürchtet, dass der Einfluss der US-Regierung dann zwar sinke, der Versuch der Einflussnahme Dritter jedoch steige, und dies sei „nicht immer eine gute Sache.“. Auch hier ist also für weitere Debatten gesorgt.

Doch es gibt auch Erfreuliches vom IGF zu berichten. So nutzte der ägyptische IT-Minister Tarek Kamel das Treffen, um öffentlichkeitswirksam die Einführung einer arabischen Version des eigenen Länderkürzels anzukündigen. Ausgesprochen „.masr“ und geschrieben in arabischen Zeichen, nutzt das als „egypt“ zu übersetzende Kürzel den „IDN TLD Fast Track Process“ von ICANN, der es seit 16. November 2009 erlaubt, Bewerbungen für eine internationalisierte Version des eigenen Länderkürzels einzureichen. Inhabern solcher Domain-Namen ist es künftig möglich, ihre Domains vollständig in Landessprache mit arabischen Schriftzeichen zu nutzen; erste Domains sollen ab Mitte 2010 registrierbar sein. Neben Ägypten haben Russland und wohl auch Bulgarien entsprechende Anträge bei ICANN eingereicht; insgesamt ist die Rede von sechs Anträgen für Endungen in drei Sprachen. Auch in diesen Fällen erwartet ICANN eine erste Registrierung für Mitte 2010.

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