Domain-Tasting

ICANN will Riegel vorschieben

Die Internet-Verwaltung ICANN (Internet Corporation for Assigned Names and Numbers) verschärft den Kampf gegen Domain-Tasting: die Abschaffung der Erstattung von Registrierungsgebühren soll den Anreiz stoppen, registrierte Domains kurzfristig wieder zu löschen.

Ursache des neuartigen Übels Domain-Tasting ist die so genannte „Add Grace Period“. Innerhalb dieser fünftägigen Frist kann der Registrar eine angemeldete Domain wieder löschen, und erhält hierfür die Registrierungsgebühren erstattet. Diese faktisch kostenlose Testphase hat viele Unternehmen dazu verleitet, aus ihrer Sicht attraktive, häufig auch rechtlich bedenkliche Domains zu registrieren und dort über Parking-Programme Werbeanzeigen zu schalten. Erweist sie sich profitabel, wird die Domain behalten, sonst wieder gegen Kostenerstattung gelöscht. Besonders für Markeninhaber erweist sich diese Praxis als Ärgernis, da die rechtsverletzenden Domain-Namen oft schon wieder gelöscht sind, bevor ihre Inhaber zur Verantwortung gezogen werden können, sofern man sie überhaupt bemerkt. Domain-Tasting ist ein Massenphänomen: laut ICANN waren im Januar 2007 die 10 grössten Domain-Taster für 95 Prozent aller gelöschten .com- und .net-Domains verantwortlich; als konkrete Zahlen nennt ICANN 47.824.131 gelöschte Domains, von denen 45.450.897 zum Tasting genutzt wurden – von damals insgesamt 70.000.000 registrierten .com- und .net-Domains.

ICANN will das Problem auf finanzielle Weise lösen. So soll künftig die Anmeldegebühr von US$ 0,20 auch dann einbehalten werden, wenn die Domain wieder gelöscht wird. Damit würde es für Domain-Taster erheblich teurer, den Marktwert von Domain-Namen zu testen. Während derzeit praktisch Millionen von Domains registriert und innerhalb von fünf Tagen gelöscht werden können, ohne dass ein Cent dafür zu bezahlen ist, fällt künftig allein bei fünf Domains eine Gebühr von US$ 1,00 an, was die potentiellen Erlöse der Domain-Taster ganz erheblich schmälert. Auch dem so genannten „front running“, bei dem Registrare wie zuletzt Network Solutions die von Besuchern ihrer Website gesuchten Domains vorsorglich anmelden, um sie zu höheren Preisen verkaufen zu können, soll so der Garaus gemacht werden.

„Domain-Tasting ist ein Thema für die Internet Community, und ICANN macht diesen Vorschlag, um es zu stoppen“, so Dr. Paul Twomey, Präsident und CEO von ICANN. Diskutiert wird der Vorschlag im Rahmen des ICANN-Budgets für das Geschäftsjahr ab 1. Juli 2008 bereits während des derzeit laufenden ICANN-Meetings in Neu-Delhi, so dass die neue Regelung noch in diesem Jahr in Kraft treten könnte. Unterdessen haben Afilias (.info) und Neustar (.biz) ebenfalls angekündigt, die Lücke für Tasting schließen zu wollen. So will Neustar den Registraren nurmehr bei zehn Prozent aller Löschungen ihrer Neuregistrierungen die Gebühren erstatten; auch Afilias soll sich diesen Plänen anschließen. Bereits in den kommenden zwei Monaten will man diese Pläne umsetzen – harte Zeiten also für Domain-Taster.

Um die Auswirkungen der Regelung darf spekuliert werden. In Zahlen könnte es folgendes bedeuten: Im Januar 2007 waren knapp 69.324.000 .com- und .net-Domains registriert, so dass absolut 69% (47.824.131 Mio.) dieser Domains gekündigt und insgesamt 65% (45.450.897 Mio.) aller Domains als Tasting-Domains gekündigt wurden. Bei Zugrundelegung der aktuellen Registrierungszahlen und den Prozentangaben von vor einem Jahr (die sich tatsächlich etwas nach oben verschoben haben dürften, weil Tasting so lukrativ ist) dürfte sich demnach die Zahl der registrierten .com- und .net-Domains von heute ca. 83,5 Mio. auf zusammen knapp 30 Mio. fallen; es sei denn, einige Taster hören auf zu kündigen.

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