Urteil

EuGH erschwert kommerzielle Hyperlinks

Der EuGH hatte in einem Streit über die Verletzung von Urheberrechten zu entscheiden. Es stellte sich die Frage, wann Hyperlinks zu rechtswidrig veröffentlichten Inhalten eine öffentliche Wiedergabe darstellen. Die Entscheidung des EuGH ist nicht unumstritten.

Die niederländische Website geenstijl.nl, die von der beklagten GS Media betrieben wird, veröffentlichte am 26. Oktober 2011 Hyperlinks auf die australische Website filefactory.com zu bisher unveröffentlichten Bildern einer bekannten niederländischen Persönlichkeit, die für den Playboy von einem renommierten Photografen angefertigt worden waren. Noch am selben Tage forderte das niederländische Medienunternehmen Sanoma, das die niederländische Ausgabe des Playboy besorgt, die Website geenstijl.nl auf, die Hyperlinks zu entfernen; den Betreiber von filefactory.com forderte man zur Löschung der Dateien auf. Während auf filefactory.com die Daten gelöscht wurde, kam geenstijl.nl der Aufforderung nicht nach. Am 07. November 2011 wandte sich Sanoma über einen Anwalt an geenstijl.nl, die daraufhin den Artikel löschte, aber in der Folge zwei weitere Gelegenheiten nutzte, Hyperlinks auf die Daten, die mittlerweile auf imageshacks.us gelagert waren, zu veröffentlichen. Im Dezember 2011 wurden die fraglichen Bilder im Playboy veröffentlicht. Sanoma, Playboy und die Abgebildete erhoben Klage wegen einer Urheberrechtsverletzung. Das Bezirksgericht Amsterdam gab der Klage überwiegend statt. Das Berufungsgericht hob diese Entscheidung aber auf; es meinte, GS Media habe durch das Setzen der Hyperlinks auf geenstijl.nl nicht das Urheberrecht von Herrn Hermès, dem Photografen, verletzt, da die in Rede stehenden Fotos durch das Einstellen auf filefactory.com schon vorher veröffentlicht worden seien. Der sodann von den Klägern angerufene Oberste Gerichtshof der Niederlande legte die Sache dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) vor. Für das Gericht war die Rechtsprechung des EuGH dahin unklar,

ob eine »öffentliche Wiedergabe« vorliege, wenn das Werk zuvor tatsächlich, aber ohne Zustimmung des Urheberrechtsinhabers veröffentlicht worden sei.

Der EuGH kam mit seiner Entscheidung zu einem differenzierenden Ergebnis (EuGH, Urteil vom 08.09.2016, Az.: C-160/15). Der EuGH reflektierte dabei seine frühere Rechtsprechung zu Hyperlinks. In diesen Fällen hatten die Urheber die Inhalte aber jeweils von sich aus oder sie wurden mit deren Genehmigung ins Internet gestellt, womit sie allgemein abrufbar waren. Damit war die Verlinkung der Inhalte durch einen Dritten nicht für ein neues Publikum (die Internetnutzer) bestimmt und stellt keine öffentliche Wiedergabe dar. Im vorliegenden Falle hatte nun ein Dritter unbefugt die Daten online gestellt und die Beklagte hatte über ihre Website geenstijl.nl darauf verlinkt. Aber, so der EuGH, es ginge nicht, dass jetzt jede Verlinkung mit diesen rechtswidrig online gestellten Daten eine öffentliche Wiedergabe sei. Da spräche Art 11 der Charta der Menschenrechte der EU entgegen, der die Freiheit der Meinungsäußerung und Informationsfreiheit gewährt und hier gegen den Urheberrechtschutz abgewogen werden muss. Zudem dürfte es, so der EuGH, Einzelpersonen schwer fallen, zu überprüfen, ob die Daten rechtswidrig veröffentlicht wurden. Die Frage, ob eine öffentliche Wiedergabe vorliegt, sei deshalb daran geknüpft, ob der Verlinkende mit Gewinnerzielungsabsicht oder ohne diese die Hyperlinks setzt. Soweit erwiesen ist,

dass der Betreffende wusste oder hätte wissen müssen, dass der von ihm gesetzte Hyperlink Zugang zu einem unbefugt im Internet veröffentlichten Werk verschafft – weil er beispielsweise von dem Urheberrechtsinhaber darauf hingewiesen wurde – von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 zu betrachten.

Denn man könne von dem, der den Hyperlink mit Gewinnerzielungsabsicht setzt, erwarten, dass er überprüft hat, ob das Werk befugt oder unbefugt online gestellt wurde. Für den EuGH stellt sich der vorgelegte Fall so dar, dass der Beklagten bewusst die Hyperlinks auf rechtswidrige Daten gesetzt und damit eine öffentliche Wiedergabe vorgenommen hat. Das aber muss der Oberste Gerichtshof der Niederlande abschließend prüfen und entscheiden.

Der EuGH argumentiert wenig überzeugend. Er knüpft den Rechtsbegriff der öffentlichen Wiedergabe zunächst daran, urheberrechtlich geschützte Daten einem neuen Publikum zugänglich zu machen. Das kann durch eine Verlinkung der Daten geschehen, tritt aber nur ein, wenn der Verlinkende eine Gewinnerzielungsabsicht hat. Denn wenn derjenige eine Gewinnerzielungsabsicht hat, weiss er oder muss er wissen, dass er rechtswidrige Inhalte verbreitet. Im Umkehrschluss heißt das, wer keine Gewinnerzielungsabsicht hat, kann es nicht wissen und braucht es nicht zu wissen. Verblüffender Weise schiebt der EuGH noch ein, woher der Gewinnerzielende sein Wissen bekommt: vom Urheberrechtsinhaber, der ihn darauf hingewiesen hat. Dass auch jemand ohne Gewinnerzielungsabsicht auf die Rechtsverletzung hingewiesen werden kann und welche Konsequenzen dieses Wissen für ihn hat, zieht der EuGH nicht ins Kalkül. Die Entscheidung ist nicht nur schwer nachvollziehbar, sondern eröffnet eine Grauzone: Für Rechtsanwalt Thomas Stadler (internet-law.de) stellt sich die Frage,

wie journalistische Portale oder Blogs, die mit Gewinnerzielungsabsicht betrieben werden, diese Vorgaben künftig sicherstellen sollen.

Die Entscheidung wird zukünftig zu einigen Problemen bei Bloggern und Einzelkämpfern führen, die zum Beispiel zur Eigenvermarktung über ihre Onlineangebote Informationen an ihr Publikum verbreiten.

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