Linkhaftung

LG Hamburg folgt dem EuGH und heise.de zeigt die praktische Anwendung dieser Rechtsprechung [Update vom 16.12.2016]

Das Landgericht Hamburg folgte in einer kürzlich veröffentlichten Entscheidung zur Linkhaftung dem EuGH in dessen Entscheidung vom September 2016: Wer mit Gewinnerzielungsabsicht zu einer Webseite verlinkt, auf der eine Urheberrechtsverletzung erfolgt, haftet für diese Urheberrechtsverletzung. Heise.de macht die Folgen dieser Rechtsprechung greifbarer, indem deren Justiziar beim Landgericht Hamburg wegen einer Verlinkung zur Entscheidung nachfragte.

Der EuGH hatte am 08. September 2016 entschieden, dass, wer eine Webseite mit Gewinnerzielungsabsicht betreibt und auf eine andere Webseite verlinkt, auf der eine Urheberrechtsverletzung stattfindet, für diese Urheberrechtsverletzung haftet. Wer mit Gewinnerzielungsabsicht agiere, habe auch die Ressourcen, sich beim anderen zu vergewissern, dass der keine urheberrechtswidrigen Inhalte auf seiner Seite hat. Diese Entscheidung nahmen Fachleute ablehnend zur Kenntnis. In der Folge bedeutete diese EuGH-Rechtsprechung ein hohes Risiko für die Betreiber von Webseiten, insbesondere weil unklar blieb, wann man von Gewinnorientierung sprechen kann. In einem aktuellen Streit vor dem LG Hamburg haben sich diese Befürchtungen von Fachleuten nun manifestiert. In einem einstweiligen Verfügungsverfahren, bei dem es ebenfalls um die Verlinkung zu Seiten mit urheberrechtsverletzenden Inhalten ging, folgte das Gericht der EuGH-Rechtsprechung und sah eine Verletzung der Urheberrechte des Antragstellers durch den auf die Seite eines Dritten verlinkt habenden Antragsgegner (LG Hamburg, Beschluss vom 18.11.2016, Az.: 310 O 402/16).

Um heise.de, eine vom Heise Verlag mit Gewinnabsicht betriebene Informationsplattform, in ihrer Berichterstattung über die Entscheidung des Landgerichts Hamburg vor möglichen Urheberrechtsverletzungen zu schützen, fragte Jörg Heidrich, der Verlagsjustiziar des Heise Verlags, am 09. Dezember 2016 per eMail beim Landgericht Hamburg nach. In seiner eMail verweist er auf die aktuelle Entscheidung und fragt, ob man ihm versichern könne, dass auf dem Internetangebot des Landgerichts Hamburg keine urheberrechtsverletzenden Inhalte zu finden seien, da man andernfalls innerhalb der Berichterstattung nicht auf die Seite verlinken könne. Unter Verweis auf die Entscheidung erklärte er,

Ihr Haus hat jüngst entschieden, dass sich der Linksetzer vorab durch Nachforschungen zu vergewissern hat, ob der verlinkte Inhalt rechtmäßig zugänglich gemacht wurde.

Er bat um eine schriftliche verbindliche Bestätigung,

dass sämtliche der im Rahmen Ihrer Webpräsenz verwendeten urheberrechtlich geschützten Inhalte in keiner Form und an keiner Stelle gegen die Vorgaben des Urheberrechts oder verwandter Gesetze verstoßen.

Am selben Tag wurde Heidrich vom LG Hamburg noch vertröstet. Doch schaute sich die Gerichtspräsidentin die Sache an. Am Montag, dem 12. Dezember 2016, erhielt Heidrich dann die Rückmeldung. In der erklärte das Gericht, es sei nicht bereit, rechtsverbindlich zu erklären, dass die Inhalte auf der eigenen Seite allen Vorgaben des Urheberrechts entsprechen. Es gehe selbstverständlich davon aus,

dass die Zugänglichmachung sämtlicher Inhalte auf der Seite des Landgerichts rechtmäßig erfolgt.

Mit dieser unterhaltsamen Aktion zeigen Jörg Heidrich und der Heise Verlag auf, wie absurd und weltfremd die Rechtsprechung des EuGH und die ihm zwangsläufig folgende Rechtsprechung anderer Gerichte ist. Dabei ist zumindest die Situation für den Heise Verlag dahingehend klar, dass man ein Angebot mit Gewinnerzielungsabsicht betreibt. Andere Newsseiten oder Blogs bewegen sich unter Umständen in einem Graubereich oder verfügen nicht über die Kapazitäten, um die vom EuGH geforderte zumutbare Nachforschung betreiben und die verlangte Aufklärung der Rechtsverhältnisse einholen zu können. Diese Rechtsprechung führt letztlich zur Entwertung des Internets, das gerade davon lebt, dass es via Hyperlinks vernetzt ist.

[Update: 16.12.2016]
In der #heisshow vom 15.12.2016 bespricht heise online mit Joerg Heidrich die Entscheidung des Landgericht Hamburg zur Linkhaftung. Die Sendung ist sehenswert und Informativ. Heidrich empfiehlt, nicht hysterisch zu werden, sondern weiterzumachen wie bisher.

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