UDRP

Spritziges Reverse Domain Name Hijacking

Im Streit um den Domain-Namen spritzer.com versuchte ein malaysischer Markeninhaber sich vor einem WIPO-Panel gegen einen Domain-Investoren mit faulen Tricks durchzusetzen. Das Panel erkannte allerdings auf Reverse Domain Name Hijacking.

Antragstellerin ist eine malaysische Unternehmung, die schon seit 1988 Inhaberin der malaysischen Marke »SPRITZER« ist, die seit 1994 auch in Brunei registriert ist. Antragsgegner ist ein US-amerikanischer Domain-Investor, der Inhaber zahlreicher generischer Domains ist, darunter auch spritzer.com, die er im Jahre 1998 registrierte und die zu einer Link-Seite auflöst. Die Antragstellerin wandte sich an die WIPO und stieß ein UDRP-Verfahren an. Sie sieht sich durch den Antragsgegner in ihren Rechten verletzt und trägt vor, er nutze ihre populäre Marke aus, versuche ihr Geschäft zu zerstören und habe die Domain registriert, damit sie selbst diese nicht registrieren könne. Der Antragsgegner, dem auch tea.com, winecooler.com und chiller.com gehören, beruft sich darauf, dass die Domain generisch sei und wies darauf hin, dass die Antragstellerin vergeblich versuchte, ihre Marke in den USA zu registrieren. Das Markenamt wies die Anmeldung jeweils zurück, da der Begriff »Spritzer« der allgemeine Begriff für jede Form eines alkoholischen Getränks mit kohlensäurehaltigem Wasser und folglich freihaltebedürftig ist. Schließlich verwies er auf den Zeitablauf von 16 Jahren, ehe die Antragstellerin auf die Registrierung von spritzer.com reagierte.

Das aus drei Fachleuten bestehende Panel wies den Antrag der Antragstellerin zurück und kam zu dem Ergebnis, dass es sich um einen Fall von Reverse Domain Name Hijacking handele (Decision Nr. D2014-0557 vom 29.05.2014). Zunächst stellte das Panel fest, dass tatsächlich die Marke der Antragstellerin und die Domain des Antragsgegners identisch sind. Bei der Frage der Berechtigung und etwaiger Rechte des Antragsgegners an dem Begriff lieferte die Antragstellerin einen Anscheinsbeweis, indem sie vortrug, der Antragsgegner sei unter spritzer.com nicht bekannt; auch sei nicht ersichtlich, das er in Verbindung mit einer Marke „SPRITZER“ stehe und sei von Seiten der Antragstellerin nicht zur Nutzung des Begriffs oder der Marke legitimiert. Der Antragsgegner hinwieder gab darauf ausreichend Antwort, doch ging das Panel nicht näher auf diese Frage ein, sondern klärte die Rechtslage beim Tatbestandsmerkmal Bösgläubigkeit. Spätestens hier scheitere, so das Panel, der Vortrag der Antragstellerin: es gäbe keine Anzeichen, die für Bösgläubigkeit auf Seiten des Antragsgegners bei der Registrierung und Nutzung der Domain hinweisen. Der Antragsgegner ist seit vielen Jahren Inhaber der Domain und nutze sie. Dass ein Fall des Cybersquattings vorliegt, ist nach dem Vortrag der Antragstellerin nicht ersichtlich. Vielmehr stelle es sich für das Panel so dar, dass es das Geschäft des Antragsgegners ist, generische Domain-Namen zu registrieren und zu nutzen. Und genau das sei kein Hinweis auf Bösgläubigkeit. Vielmehr stütze das den Vortrag des Antragsgegners, wonach er nichts von der Antragstellerin und ihrer Marke wusste. Zudem nutzt er spritzer.com, ohne jeden Bezug zur Antragstellerin herzustellen. Sie selbst habe vorgetragen, dass die Links auf der Webseite auf irrelvante Produkte und Dienstleistungen weisen. Schließlich sei auch nicht zu erkennen, dass der Antragsgegner die Domain der Antragstellerin zum Kauf angeboten habe. Damit war der Antrag auf Übertragung der Domain spritzer.com zurückzuweisen.

An dieser Stelle machte das Panel einen Schwenk und prüfte von sich aus, unter Bezugnahme auf § 15(e) der UDRP, ob nicht ein Fall von Reverse Domain Name Hijacking vorliege. Dazu sah sich das Panel verpflichtet, nachdem es annehmen musste, dass der Antrag bösgläubig gestellt worden war. Es bedürfe da nicht eines Antrags des Verfahrensgegners. In einem rein schriftlichen Verfahren ist es wichtig, dass die Parteien alle wahren Fakten auf den Tisch legen. Die Parteien geben mit Einreichung ihrer Anträge eine entsprechende Versicherung (»certificate of truth«) ab. Die Antragstellerin hatte allerdings verschwiegen, dass „Spritzer“ ein generischer Begriff für alkoholischen Getränke versetzt mit kohlensäurehaltigem Wasser ist, und dass ihre Versuche, eine entsprechende US-Marke einzutragen, mehrfach genau aus diesem Grunde scheiterten. Aufgrund dessen wusste die Antragstellerin, dass ihr Antrag scheitern würde, soweit der Domain-Inhaber diesem entgegentreten würde. Mithin ging sie mit bösen Absichten in das Verfahren, und der Hoffnung, der Antragsgegner werde sich zu dem Verfahren nicht melden. Dieser Umstand reicht bereits für die Annahme des Reverse Domain Name Hijacking aus. Ein weiterer Umstand komme aber hinzu: Bei Einlegen des Antrags wusste die Antragstellerin, dass ihr Wahrheitszertifikat falsch war. Damit lag aus Sicht des Panel ein Reverse Domain Name Hijacking seitens der Antragstellerin vor.

Die Entscheidung der WIPO zeigt, dass man auch als Markeninhaber nicht immer erfolgreich gegen Domain-Inhaber vorgehen kann. Es zeigt zudem, dass sich faule Tricks, um sich eine Domain zu erstreiten, auf die man tatsächlich auch als Markeninhaber kein Recht hat, sich nicht auszahlen.

Auf das Domain-Recht spezialisierte Anwälte findet man auf Domain-Anwalt.de, einem Projekt der united-domains AG.

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