UDRP

Siemens erstreitet sieben »siemens-alstom«-Domains

Die deutsche Siemens AG hatte am 26. September 2017 die Fusion ihrer Zugsparte mit der französischen Alstom bekannt gegeben. Einen Tag später registrierte ein Chinese sieben »siemens-alstom«-Domains. Für Siemens war das Anlass genug, im Wege eines UDRP-Verfahrens gegen diese Registrierung vor der Genfer WIPO vorzugehen.

Die Siemens AG ist Inhaberin der Marke »Siemens« und sah diese durch sieben, von einem Chinesen registrierte »siemens-alstom«-Domains verletzt, darunter siemens-alstom.info und siemensals tom.shop. Die Domains wurden über drei unterschiedliche Registrare am 27. September 2017 registriert, kurz nachdem Siemens und Alstom die Verschmelzung ihrer Zugsparten am 26. September 2017 bekannt gegeben hatten. Für Siemens sind die Domains ihrer Marke zum Verwechseln ähnlich, der Domain-Inhaber unter den Domains nicht bekannt und von Siemens zur Nutzung des Begriffs auch nicht legitimiert. Die Domains nutze er auch nicht und es sei nicht ersichtlich, dass er sie zu einem gutgläubigen Angebot von Waren und Dienstleistungen nutzen werde. Vielmehr habe der Domain-Inhaber kein Recht oder legales Interesse zur Nutzung der Domains. Er habe sie bösgläubig registriert und genutzt. Siemens wandte sich in der Form eines UDRP-Verfahrens an die WIPO und beantragte dort den Transfer der sieben »siemens-alstom«-Domains auf sich. Der Gegner, Li Chang Kong, beantragte, das Verfahren nicht in Englisch, sondern auf Chinesisch zu führen, da die Registrierungsverträge in chinesischer Sprache gehalten sind. Die Domains seien ein persönliches Hobby, das er pflege, und er beabsichtige nicht, die Rechte von Siemens zu verletzen. Er habe die Domains nicht rechtswidrig genutzt. Ausserdem sei der Zusammenschluss von Siemens und Alstom noch gar nicht sicher. Er habe nicht bösgläubig gehandelt. Als Experte zur Entscheidung des UDRP-Verfahrens wurde der britisch-israelische Rechtsanwalt Jonathan Agmon mit Sitz in Singapore berufen.

Agmon gab der Beschwerde von Siemens statt und entschied auf Transfer aller sieben »siemens-alstom«-Domains zu Siemens (WIPO Case No. D2017-1968). Zunächst stellte sich für Agmon die Frage nach der Verfahrenssprache. Für ihn war maßgebend, dass die Domains aus lateinischen Buchstaben bestehen, der Gegner gezeigt hatte, dass er ausreichend Englisch könne und das Verfahren teurer und langwieriger würde, wenn alles erst ins Chinesische übersetzt werden müsste. Deshalb erklärte er Englisch zur Verfahrenssprache und wandte sich sodann der Sache zu. Agmon stellte fest, dass Domains und Marke zum Verwechseln ähnlich sind. Zwar enthielten die streitigen Domains alle noch den Begriff »alstom« und einige einen Bindestrich, doch diese Zusätze führten nicht dazu, die Marke »Siemens« und die Domains ausreichend zu unterscheiden. Vielmehr würde die Verwechslungsgefahr aufgrund der Bekanntgabe der Verschmelzung von Siemens und Alstom noch befördert, da Nutzer erwarteten, dass diese Namen zukünftig zusammen genutzt werden. Auch die Ausführungen Siemens‘ hinsichtlich des fehlenden Rechts oder legitimen Interesses auf Seiten des Gegners überzeugten Agmon. Der kurze Einwurf des Gegners, er nutze die Domains für sein Hobby, ohne da konkreter zu werden, vermochte aus Agmons Sicht nicht, den Anscheinsbeweis der Beschwerdeführerin auszuräumen. So ging er auch von einer fehlenden Berechtigung des Domain-Inhabers aus. Schließlich bestätigte sich für Agmon auch die Bösgläubigkeit des Gegners. Der registrierte die Domains lange nach Bestehen der Marke »Siemens«, die spätestens 1995 eingetragen wurde, wohingegen er die Domains im September 2017 registriert hatte. Zudem registrierte er die Domains unmittelbar, nachdem die Beschwerdeführerin und Alstom ihre Fusion bekannt gegeben hatten. Außerdem registrierte der Gegner gleich sieben Domains mit unterschiedlichen Kombinationen der beiden Marken »Siemens« und »Alstom«. Dies spreche für seine Bösgläubigkeit bei der Registrierung. Zwar nutze der Gegner die Domain-Namen zur Zeit nicht, doch die Gesamtumstände des Falles sprächen dafür, dass er die Domains nicht nur bösgläubig registriert habe, sondern sie auch nutzen werde. Damit waren alle drei Tatbestandsvoraussetzungen von § 4(a) UDRP erfüllt, und Agmon entschied auf Transfer der sieben „siemens-alstom“-Domains.

Jonathan Agmon marschierte bei seinen Entscheidungsgründen gerade durch. Die Entscheidung zu Englisch als Verfahrenssprache erscheint grenzwertig, aber lässt sich wohl vertreten. Interessant bei diesem Fall ist aber auch die Geradlinigkeit bei der Bewertung der Berechtigung von Siemens, Domains mit der Marke eines – noch – Dritten einzusammeln. In einem früheren Fall um die Domain nikegoogle.com scheiterte die Nike Inc., da sie zunächst nicht einwandfrei nachweisen konnte, dass sie auch im Sinne von Google Inc. handelte. Erst bei einem zweiten Versuch war Nike dann erfolgreich. Agmon hätte im »siemens-alstom«-Streit zumindest auf diese Problematik eingehen müssen, denn tatsächlich ist die Fusion von Siemens und Alstom bisher noch nicht erfolgt.

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