UDRP

Paessler AG wird zum Domain-Hijacker

Die in Nürnberg ansässige Paessler AG verlor in einem UDRP-Verfahren nicht nur den Streit um die beiden australischen Domain-Namen paessler.com.au und prtg.com.au, sondern bekam noch eine Rüge wegen Reverse Domain Name Hijacking.

Die Paessler AG sah ihre Markenrechte durch die Registrierung und den Betrieb der Domains paessler.com.au und prtg.com.au durch die Assured IT Pty Ltd. mit Sitz in Morningside, Queensland (Australien), verletzt. Paessler ist Inhaberin der beiden IR-Marken PAESSLER und PRTG, die Priorität seit März 2014 genießen. Die Domain-Inhaberin registrierte beide Domains im Juni 2008. Sie nutzt die Domains, indem sie auf ihr Angebot unter assuredit.com.au weiterleiten, wo sie ihre IT-Dienstleistungen anbietet. Auf der Website wird (unter anderem) die Beschwerdeführerin als Geschäftspartner angegeben. Dort heisst es »Assured IT is a leading Australian based reseller for Paessler PRTG Network monitor, contact us for a quote today!«. Die Domain prtg.com.au leitet auf eine Seite weiter, über die genau dieses Produkt der Beschwerdeführerin angeboten wird, wobei es dort heisst: »PRTG Network Monitor – The Best!«. Die Beschwerdeführerin erklärte, sie habe Sorge, dass der Beschwerdegegner sie bei seinen Geschäften übergehe; man habe bereits geschäftliche Einbußen deswegen gehabt. Außerdem besteht Verwechslungsgefahr zwischen den Anbietern, zumal die Dienstleistungen beider identisch seien. Die Paessler AG legte UDRP-Beschwerde bei WIPO ein. Die Beschwerdegegnerin hielt mit zahlreichen zusätzlichen Informationen dagegen und geht davon aus, dass eine Fall von Reverse Domain Name Hijacking vorliegt.

Als Einzelpanelist wurde Warwick A. Rothnie benannt, der die Sache untypisch prüfte. Zunächst stellte er die Identität der Marken und Domains fest, auch wenn die Marken erst viele Jahre nach Registrierung der Domains registriert wurden. Doch dann zog er – aufgrund der besonderen Umstände dieses Falles – die Prüfung der Bösgläubigkeit auf Seiten des Beschwerdegegners vor. Was Rothnie nicht gefällt, ist der zurückhaltende Vortrag der Beschwerdeführerin. Diese erwähnte nichts davon, dass die Beschwerdegegnerin ihre Produkt bereits seit 2007 in Australien vertreibe. Die habe die Beschwerdeführerin seinerzeit über die Registrierung der Domains verbal verständigt und auch ihr Einverständnis erhalten. Das bestreitet die Beschwerdeführerin, erklärt aber nicht, wann sie auf die Registrierungen aufmerksam wurde. Freilich erschien die Beschwerdegegnerin als Partner auf der Website der Beschwerdeführerin, die sie im Oktober 2008 sogar zum »Premium Partner« machte sowie Links zu ihrer Website setzte. In einer eMail der Beschwerdeführerin heißt es über die Beschwerdegegnerin, sie ist der »most active and committed reseller/partner in Australia«. All das verschwieg die Beschwerdeführerin in ihrem Vortrag. Sie meinte vielmehr, die reine Vernunft spreche doch dafür, dass die Domains in die Hände des Markeninhabers gehören und die Beschwerdegegnerin sie im Namen der Beschwerdeführerin hätte registrieren müssen. In einer eMail der Beschwerdeführerin an die Beschwerdegegnerin heißt es denn auch, nach einem Transfer der Domains würde sie diese dann an sie lizenzieren. Für Warwick A. Rothnie stellt sich das alles so dar, dass die Beschwerdeführerin mit der gegebenen Situation einverstanden war, bis sie dann kürzlich ihre Meinung änderte. Dies spricht nicht für eine Bösgläubigkeit der Beschwerdegegnerin. Von Verwechslungsgefahr könne auch nicht die Rede sein, da die Beschwerdegegnerin die Dienstleistungen und Produkte der Beschwerdeführerin vertreibt und dies auf ihrem Webangebot eindeutig signalisiert. Nach Rothnies Ansicht konnte die Beschwerdeführerin die Bösgläubigkeit der Beschwerdegegnerin nicht nachweisen. Die Frage eines berechtigten Interesses der Beschwerdegegnerin an den Domains brauchte dann auch nicht mehr beantwortet zu werden. Aber es stelle sich die Frage des Reverse Domain Name Hijackings. Im Gegensatz zur Beschwerdeführerin machte die Beschwerdegegnerin klar, dass sie massiv Zeit und Ressourcen investiert habe, um den Namen und die Reputation der Beschwerdeführerin und ihrer Produkte auf dem australischen Markt bekannt zu machen. Die Beschwerdeführerin hingegen habe die Geschichte der Beziehung der Parteien, die auf das Jahr 2007 zurückgeht, außen vorgelassen und damit einen völlig verzerrten Eindruck hinsichtlich des Streits zwischen beiden beim Panisten erzeugen können. Das rechtfertigt, ein Reverse Domain Name Hijacking anzunehmen. Der Antrag auf Transfer der Domain wies Panelist Warwick A. Rothnie zurück (WIPO Case No. DAU2015-0030).

Diese Entscheidung macht einmal mehr deutlich, dass man als Beschwerdeführer nicht darauf hoffen darf, der Gegner melde sich nicht und decke Tatsachen nicht auf, die in der Beschwerdeschrift keine Erwähnung finden. Man kann Parteien eines solchen Verfahrens nur dringend anraten, den relevanten Sachverhalt vollständig darzulegen. Sollte der Sachverhalt einen positiven Bescheid für sich ausschließen, ergibt ein solches Verfahren keinen Sinn.

Einen vergleichbaren Fall hatten wir bereits früher hier besprochen. Interessant in diesem Zusammenhang ist auch der Reverse Domain Name Hijacking-Fall, der zur Zahlung von US$ 50.000,– von der Beschwerdeführerin an den Beschwerdegegner führte.

Auf das Domain-Recht spezialisierte Anwälte findet man auf Domain-Anwalt.de, einem Projekt der united-domains AG.

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