UDRP

Die Zahl der Reverse Domain Name Hijacking-Fälle steigt an

UDRP-Provider wie WIPO und NAF entschieden 2016 soviel auf Reverse Domain Name Hijacking (RDNH) wie nie zuvor. Insgesamt 37 Mal wurden Beschwerdeführer mit einer solchen Entscheidung abgestraft. Der Anstieg der RDNH-Fälle hat einen Grund.

Reverse Domain Name Hijacking-Entscheidungen, also der Versuch eines Beschwerdeführers, mit unlauteren Mitteln per UDRP-Verfahren an eine Domain heranzukommen, verzeichneten in den vergangenen Jahren deutliche Anstiege. 2014 waren es noch 23 Fälle, 2015 bereits 31 und 2016 schon 37 Fälle von Reverse Domain Name Hijacking, die bei Streitbeilegungsverfahren nach der Uniform Domain-Name Dispute-Resolution (UDRP) festgestellt wurden. Im Vergleich zur Anzahl tatsächlich entschiedener UDRP-Verfahren, die bei der World Intellectual Property Organization allein 2016 bei über 3.000 Fälle lag, sind 37 RDNH-Fälle kaum der Rede wert. Doch ein ungewöhnlicher Anstieg, der nicht parallel zu dem der UDRP-Fälle verläuft, ist doch vorhanden.

In einem Artikel auf circleid.com skizzierte die Internet Commerce Association das Problem. Ab 2009 entwickelte sich unter den akkreditierten Entscheidern (Panelisten) von UDRP-Verfahren die Theorie des Retroactive Bad Faith (RBF). Federführend waren M. Scott Donahey und Richard Lyon, wobei letzter die finale Begründung für die RBF-Theorie formulierte: auch wenn eine Domain ursprünglich gutgläubig registriert wurde, so ist für die Wertung, ob eine bösgläubige Registrierung vorliegt, der letzte Termin, an dem die Registrierung verlängert wurde, maßgebend. Dieser Maxime folgten einige Panelisten, obwohl die UDRP eine solche Auslegung gar nicht stützt. Die Mehrzahl hielt sich an die gängige UDRP, wonach eine gutgläubige Registrierung vor Entstehung einer Marke auch gutgläubig bleibt. So wie im Overview 1.0 von 2005 vorgesehen, einer ersten Zusammenfassung der Entwicklungen in der UDRP-Rechtsprechung, die Panelisten und den Rechtsvertretern der Parteien eine Orientierungshilfe geben soll. Doch arbeitete ein Vertreter der RBF-Theorie am 2011 veröffentlichten Overview 2.0 mit. Damit fand die RBF-Theorie auch Eingang in die akzeptierte UDRP-Praxis. Daran knüpften Anwaltskanzleien an und motivierten Unternehmen zu risikoreichen UDRP-Verfahren unter Verweis auf die RBF-Theorie. Eine Analyse auf rdnh.com zeigt, dass 2015 und 2016 rund 62 Prozent der RDNH-Entscheidungen aufgrund der RBF-Theorie initiiert wurden. Dabei ist jedoch zu bedenken, dass nicht alle missbräuchlichen Verfahren zwangsläufig zu einem Reverse Domain Name Hijacking führen.

Abhilfe von diesem Übel schuf die kürzlich veröffentlichte Overview 3.0. Darin ist die Theorie des Retroactive Bad Faith (RBF) nicht mehr enthalten. In der Folge sind deutlich weniger Entscheidung mit Reverse Domain Name Hijacking zu erwarten, da es keinen besonderen Anreiz mehr gibt, eine gutgläubig registrierte Domain aufgrund einer später registrierten Marke anzugreifen.

Auf das Domain-Recht spezialisierte Anwälte findet man auf Domain-Anwalt.de, einem Projekt der united-domains AG.

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