BGH

DENIC haftet weiterhin nur ausnahmsweise

Die deutsche Domain-Verwaltung DENIC eG ist bei eindeutigen Namensrechtsverletzungen zur Löschung einer Domain verpflichtet. Der Bundesgerichtshof bestätigt damit ein Urteil des OLG Frankfurt am Main vom Juni 2010 (BGH, Urteil vom 27.10.2011, Az.: I ZR 131/10).

Der Freistaat Bayern bemerkte im Januar 2008, dass mehrere Domains mit Bezug zu den Regierungsbezirken Bayerns, darunter die Adressen regierung-mittelfranken.de, regierung-oberfranken.de, regierungunterfranken.de und regierung-oberpfalz.de, zu Gunsten mehrerer Firmen mit Sitz in Panama registriert worden waren. Der Freistaat Bayern sah sich hierdurch in seinem Namensrecht verletzt und erwirkte gegen den im Bundesgebiet ansässigen Admin-C ein rechtskräftiges Versäumnisurteil. Dieser gab jedoch seine Stellung noch während des Verfahrens auf, andere Personen folgten ihm als Admin-C nach. Versäumnisurteile gegen die Domain-Inhaberin konnten an die Anschrift des jeweiligen Admin-C nicht zugestellt werden. Der Freistaat wandte sich daraufhin an die DENIC und begehrte nach den Grundsätzen der Störerhaftung von dieser die Löschung der Domains. Damit konnte er sich vor dem LG Frankfurt/M (Urteil vom 16.11.2009, Az. 2-21 O 139/09) und dem OLG Frankfurt/M (Urteil vom 17.06.2010, Az. 16 U 239/09) durchsetzen. Das OLG Frankfurt/M öffnete den Weg zum Bundesgerichtshof, weil es der Sache grundsätzliche Bedeutung zumaß. DENIC nutzte die Möglichkeit und legte Revision zum BGH ein.

Der Bundesgerichtshof bestätigte die Vorinstanzen. Die Klägerin ist, nachdem DENIC die Domains gelöscht hatte, mittlerweile Inhaberin der fraglichen Domains und erklärte die Hauptsache für erledigt. Die DENIC schloss sich der Erledigungserklärung nicht an. Der BGH musste danach darüber entscheiden, ob die Klage ursprünglich begründet war und kam zu dem Ergebnis, dass ja und dass die Beklagte die Kosten des Rechtsstreits zu tragen habe. Der BGH orientierte sich, wie die Vorinstanzen auch, an der eigenen ambiente.de-Entscheidung (Urteil vom 17.05.2001, Az.: I ZR 251/99), wonach DENIC nur eingeschränkte Prüfpflichten treffe und bei einem Hinweis auf eine mögliche Rechtsverletzung Domains löschen muss, soweit die Rechtsverletzung offenkundig und für sie ohne weiteres feststellbar ist. Nach Auffassung des BGH lagen diese Voraussetzungen hier vor: „Bei den Namen, auf deren Verletzung der Kläger die DENIC hingewiesen hat, handelt es sich um offizielle Bezeichnungen der Regierungen bayerischer Regierungsbezirke. Aufgrund eines solchen Hinweises kann auch ein Sachbearbeiter der DENIC, der über keine namensrechtlichen Kenntnisse verfügt, ohne weiteres erkennen, dass diese als Domainnamen registrierten Bezeichnungen allein einer staatlichen Stelle und nicht einem in Panama ansässigen privaten Unternehmen zustehen.“

Die Urteilsbegründung des BGH liegt noch nicht vor. Stephan Welzel, Justiziar der DENIC, macht auf Nachfrage deutlich, dass der BGH offensichtlich an der ambiente.de-Rechtsprechung festhält. Warum in diesem Falle das Gericht von einer offenkundigen Rechtsverletzung ausgehe, werde sich erst den Entscheidungsgründen entnehmen lassen. Es solle, so Welzel weiter, nicht in Vergessenheit geraten, dass die Kernfrage des Rechtsstreits darauf gerichtet war, „ob DENIC eine Domain auch löschen muß, wenn ein rechtskräftiges Urteil lediglich gegen den Admin-C (und nicht gegen den Domaininhaber) vorliegt.“ Diese habe das OLG Frankfurt/M zu Recht verneint und so eine bedeutsame Entscheidung mit Präzedenzcharakter getroffen. Diese Kernfrage sei aber auch nicht mehr Gegenstand der Revision gewesen und wurde vom BGH in der mündlichen Verhandlung auch nicht angesprochen, so dass anzunehmen sei, der BGH werde der Feststellung des OLG nicht widersprechen. – In der Folge sollten sich also Klagen allein gegen den Inhaber einer Domain richten; der Admin-C steht laut Domainbedingungen der DENIC als Zustellungsbevollmächtigter zur Verfügung.

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