Streit um .ir

ccTLDs sind nicht pfändbar

Im Streit um die Pfändbarkeit der country code Top Level Domains (ccTLD) des Irans, Syrien und Nordkorea hat das US-Bundesgericht im District of Columbia sein Urteil gesprochen: demnach sind ccTLDs einer Pfändung nicht zugänglich.

Seit Mitte 2014 schwelt um die drei Länderendungen .ir (Iran), .sy (Syrien) und .kp (Nord-Korea) ein juristischer Streit. Die israelische Anwältin Nitsana Darshan-Leitner und ihr US-Kollege Robert Tolchin hatten versucht, die ccTLDs und damit sämtliche darunter registrierten Domains für eine Gruppe von Terroropfern zu pfänden. Zuvor hatten sie für ihre Mandanten auf Grundlage einer Ausnahmeregelung im »Foreign Sovereign Immunities Act« (28 U.S.C. § 1610 (g)) eine Entschädigung in Millionenhöhe gegen diese Staaten erstritten; das Verfahren hat in den USA unter der Bezeichnung »Rubin et al v. Islamic Republic of Iran et al« für Aufsehen gesorgt. Obwohl die Internet-Verwaltung ICANN selbst nicht verklagt wurde, ist sie in den Pfändungsunterlagen (»writs of attachment«) namentlich benannt und sollte auf Drängen der Kläger die Kontrolle über .ir, .sy und .kp samt ihrer internationalisierten Pendants an die Terroropfer übergeben. Hiergegen wandte sich ICANN an den District of Columbia und verlangte die Aufhebung der Pfändung. Im Gegenzug versuchten die Kläger, einen sechsmonatigen Aufschub zu erhalten, um auf die Einwendungen von ICANN zu reagieren.

Vor dem US-Bundesgericht des District of Columbia erfolgreich war jedoch allein ICANN. Nach Ansicht von Richter Royce Lamberth existiert eine ccTLD nur, weil sie von einem ccTLD-Manager in Betrieb genommen worden sei. Eine ccTLD könne, ebenso wie eine Domain, ohne die damit verbundene Service-Dienstleistung nicht existieren. Dabei stützte er seine Ansicht auf das Verfahren »Network Solutions v. Umbro Int’l Inc.« aus dem Jahr 2000; dort hatte der Virginia Supreme Court geurteilt, dass ein Domain-Name untrennbar mit den Domain Name Services der Registry verbunden sei. Gleich welche Rechte der Schuldner an einer Domain habe, ohne die Leistungen der Registry existieren sie nicht. Vorliegend hätten die ccTLDs nur einen Wert, weil sie von einem ccTLD-Manager betrieben werden und über die Root Zone mit Computern weltweit verbunden sind. Nach dem Recht des District of Columbia ist daher eine Pfändung ausgeschlossen. Ob ccTLDs »Eigentum« im Sinne des US-Rechts darstellen, konnte der Richter offenlassen. Wiederholt betont Lamberth allerdings, dass er mit seiner Entscheidung Neuland betrete.

Während man bei ICANN aufatmen dürfte und auch die USA über die mit einer erfolgreichen Pfändung verbundenen politischen Diskussionen wenig erfreut gewesen wären, dürfte das letzte Wort noch nicht gefallen sein. Die Kläger jedenfalls zeigten sich bisher offensiv: erst kürzlich versuchten sie unter anderem, im Besitz der Harvard University und des Chicagos Field Museum befindliche, teils über 2.500 Jahre alte Kunstgegenstände zu pfänden, da sie Eigentum des Iran hieran vermuteten. Bis auf die Verwertung einer US$ 400.000,– teuren Immobilie in Lubbock (Texas) waren ihre sämtlichen Bemühungen aber bisher erfolglos.

Kommentar schreiben

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht, oder weitergegeben.
Bitte füllen Sie die gekennzeichneten Felder aus.*

Abonnieren Sie unseren Newsletter

Der Domain-Newsletter von domain-recht.de ist der deutschsprachige Newsletter rund um das Thema "Internet-Domains". Unser Redeaktionsteam informiert Sie regelmäßig donnerstags über Neuigkeiten aus den Bereichen Domain-Registrierung, Domain-Handel, Domain-Recht, Domain-Events und Internetpolitik.

Mit Bestellung des Domain-Recht Newsletter willigen Sie darin ein, dass wir Ihre Daten (Name und E-Mail-Adresse) zum Zweck des Newsletterversandes in unseren Account bei der Episerver GmbH, Wallstraße 16, 10179 Berlin übertragen. Rechtsgrundlage dieser Übermittlung ist Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe a) der Europäischen Datenschutzgrundverordnung (DSGVO). Sie können Ihre Einwilligung jederzeit widerrufen, indem Sie am Ende jedes Domain-Recht Newsletters auf den entsprechenden Link unter "Newsletter abbestellen? Bitte einfach hier klicken:" klicken.

Top