spamhaus.org

Prozess nimmt überraschende Wende

Überraschende Wende im Streit um spamhaus.org: entgegen ersten Ankündigungen hat das US-Gericht im Bundesstaat Illinois davon abgesehen, die Suspendierung der Domain anzuordnen. Die gerichtliche Auseinandersetzung dauert jedoch an.

Das US-Marketingunternehmen e360Insight LLC sowie dessen Inhaber David Linhardt hatten gegen das britische Spamhaus-Projekt Klage vor einem Gericht in Illinois erhoben. Sie warfen Spamhaus vor, unberechtigt auf die so genannte ROSKO-Liste gesetzt und damit als Spamversender gebrandmarkt worden zu sein. Wer einmal dort gelistet ist, dessen IP-Adresse wird in aller Regel für sechs Monate auf eine Block-Liste gesetzt, die von Internet-Providern verwendet wird, um Spammails herauszufiltern. e360 begehrte daraufhin vor Gericht von Spamhaus zum einen Unterlassung und Schadensersatz; da Spamhaus hierauf nicht reagierte, erging ein Versäumnisurteil, in dem Spamhaus unter anderem zur Zahlung von US$ 11,7 Mio. an Schadensersatz verurteilt wurde. Zum anderen sollte das Gericht ICANN und den Registrar Tucows anweisen, die Domain zu suspendieren. Eine Ankündigung des Gerichts, diesem Antrag folgen zu wollen, hatte für helle Aufregung gesorgt, da ICANN weder Beteiligte des Verfahrens war, noch sonst Rechtsbeziehungen zu den Parteien unterhielt. Die Suspendierung wäre für ICANN damit kaum rechtlich noch tatsächlich umsetzbar gewesen.

Der öffentliche Proteststurm verfehlte seine Wirkung offenbar nicht: Am 19. Oktober 2006 wies Richter Charles P. Kocoras den Antrag auf Suspendierung ab. Zur Begründung gab er an, dass es für eine Mitverantwortung von ICANN oder Tucows keine Anzeichen gäbe. Darüber hinaus würde eine Suspendierung der Domain den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verletzen, da auch die rechtmäßigen Aktivitäten von Spamhaus unterbunden wären. Die Domain ist somit weiterhin aktiv und im Netz erreichbar. Bereits bei der ersten gerichtlichen Anhörung hatte Kocoras zwar Bedenken geäussert, dass die Anträge von e360 zu weit gehen könnten; so hatte man unter anderem verlangt, dass auch allen Dritten die Nutzung der Blacklists von Spamhaus untersagt wird. Gleichwohl hatte er zunächst die Suspendierung in Aussicht gestellt. Bei ICANN dürfte man angesichts der neuen Entwicklung aufgeatmet haben, da ein solches Urteil ungeahnte Folgen hätte nach sich ziehen können.

Gegen das Versäumnisurteil hat Spamhaus mittlerweile Berufung eingelegt. Spamhaus beruft sich weiterhin darauf, als Organisation mit Sitz in London US-Gesetzen nicht zu unterstehen; die Sorge um den Verlust der Domain dürfte aber dazu beigetragen haben, sich dennoch juristisch zur Wehr zu setzen. Zum anderen hätten zahlreiche andere Spammer das Urteil als Aufforderung verstehen können, ebenfalls gegen Spamhaus vorzugehen. Anwaltlich vertreten wird Spamhaus durch die Kanzlei Jenner & Block, wobei die Vertretung pro bono, also unentgeltlich erfolgen soll.

Weitere juristische Einzelheiten und Meinungen zum Rechtsstreit finden Sie bei securiteam.com.

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