sr.de

BGH spricht Rundfunkanstalt Domain zu

Dem Saarländischen Rundfunk steht nach einem aktuellen Urteil des Bundesgerichtshofes gegen den Inhaber der Domain sr.de ein namensrechtlicher Anspruch auf Einwilligung in die Löschung zu (BGH, Urteil vom 06.11.2013 – I ZR 153/12). Damit hob der BGH eine Entscheidung der Vorinstanz auf.

Der Kläger ist Inhaber der Domain sr.de. Inhalte sind über diese Adresse nicht abrufbar. Der Beklagte benutzt seit Gründung im Jahr 1957 die Buchstabenfolge »SR« als Abkürzung für seine Unternehmensbezeichnung »Saarländischer Rundfunk«. Er ist Inhaber der als verkehrsdurchgesetzt eingetragenen Wortmarke »SR«. Zu einem nicht näher genannten Zeitpunkt wandte sich der Beklagte an die DENIC eG und ließ dort einen Dispute-Eintrag für die Domain sr.de eintragen mit der Folge, dass der Kläger diese zwar weiter nutzen, nicht aber auf Dritte übertragen kann. Mit Schreiben vom 13. Januar 2011 forderte der Beklagte zudem den Kläger erfolglos auf, den Domain-Namen freizugeben. Der Kläger hielt den Dispute-Eintrag für unberechtigt und begehrte mit der Klage dessen Löschung. Der Beklagte trat dem entgegen und hat den Kläger widerklagend auf Löschung des Domainnamens in Anspruch genommen. Dabei machte er geltend, dass ihm aus § 12 BGB ältere Rechte an dem Domain-Namen zustünden. Das Landgericht in Frankfurt am Main wies die Klage ab und verurteilte den Kläger antragsgemäß, in die Löschung der Domain gegenüber der DENIC eG einzuwilligen. Auf die Berufung des Klägers wies das OLG Frankfurt jedoch die Widerklage ab. Mit der vom Senat zugelassenen Revision begehrt der Beklagte daraufhin vor dem Bundesgerichtshof die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Die Revision des Beklagten hatte Erfolg (BGH, Urteil vom 06.11.2013 – I ZR 153/12). Nach Ansicht des Bundesgerichtshofs steht dem Beklagten gemäß § 12 BGB ein Anspruch auf Löschung der Domain sr.de zu. Der Löschungsanspruch stützte sich zwar nicht schon auf die spezielleren Vorschriften gemäß §§ 5, 15 MarkenG, da der Kläger die Domain bisher nicht im geschäftlichen Verkehr genutzt hat. Wie das OLG hat aber auch der BGH ein Namensrecht des Beklagten aufgrund einer lang andauernden und bundesweiten Benutzung der aus seiner Unternehmensbezeichnung gebildeten Abkürzung „SR“ angenommen. Die Buchstabenfolge verfügt, auch wenn sie nicht als Wort aussprechbar ist, über originäre Unterscheidungskraft. Vor allem aber bejahte der BGH eine unberechtigte Namensanmaßung im Sinne von § 12 Satz 1 Fall 2 BGB. Schon in dem Registrieren eines Namens und der Aufrechterhaltung der Registrierung liegt demnach ein Namensgebrauch. Dieser ist auch unbefugt, weil dem Kläger weder ein eigenes prioritätsälteres Namens- oder sonstiges Kennzeichenrecht an der Abkürzung »sr« zusteht, noch ihm die Benutzung von einem Inhaber eines solchen Rechts gestattet worden war. Auch das Merkmal der Zuordnungsverwirrung ist nach Ansicht des BGH schließlich zu bejahen. Während das OLG noch der Auffassung war, dass es dem Beklagten hieran fehle, weil der Bezeichnung »sr« von 87 % für das Saarland keine bundesweite Bekanntheit zu entnehmen sei, zog der BGH den Schluss, dass jeder Anhaltspunkt für eine bloß regional begrenzte Tätigkeit des Beklagten fehlt, weil die Rundfunkanstalten im Rahmen des ARD-Verbundes erfahrungsgemäß auch Programmbeiträge für eine bundesweite Ausstrahlung produzieren, zumal das Sendegebiet des Beklagten nicht auf das Saarland beschränkt ist. Eine nur regional wirkende Löschung von Domain-Namen ist zudem gar nicht möglich. Im Rahmen der Interessenabwägung gemäß § 12 BGB wirkte sich schließlich zu Lasten des Klägers aus, dass er die Domain sr.de nicht selbst nutzen wollte, sondern sich sein Interesse darauf beschränkte, sie zu veräußern; das bloße Interesse des Nichtberechtigten am Weiterverkauf des registrierten und nicht als Adresse einer mit Inhalten versehenen Internetseite verwendeten Domain-Namens ist bei der Prüfung eines namensrechtlichen Löschungsanspruchs nicht schutzwürdig.

Zwingend erscheint die Entscheidung des BGH nicht, da die Abkürzung »SR« für eine Vielzahl von Begriffen wie »senior« oder das chemische Element Strontium gebräuchlich ist, so dass man über eine tatsächliche Zuordnungsverwirrung nicht nur ernsthaft diskutieren kann, sondern muss. Einmal mehr wurde dem Domain-Inhaber aber der mangelnde Nutzungswille zum Verhängnis. Dass Rundfunkanstalten jedoch ohnehin eine Sonderstellung einnehmen, musste schon der Journalist Wolf-Dieter Roth feststellen, der seit seinem 12. Lebensjahr »WDR« gerufen wurde und so Domain-Rechtsgeschichte schrieb: im Jahr 2000 urteilte das Landgericht in Köln im Streit um wdr.org, dass dem Westdeutschen Rundfunk das Recht auf die Verwendung der Buchstabenkombination »WDR« zustünde.

Auf das Domain-Recht spezialisierte Anwälte findet man auf Domain-Anwalt.de, einem Projekt der united-domains AG.

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