Eine goldene Ausnahme zur Domain-Regel Nr.1

Ein Bezirksgericht in Pennsylvania wies mit überzeugender Argumentation eine Klage auf Herausgabe einer Domain ab, obwohl sich der Kläger auf seine Markenrechte berief.

Verstößt nun diese Entscheidung gegen die erste goldene Domain-Regel ­ keine Marken, keine Namen von Unternehmen als Domain? Oder poliert sie diese, indem sie die Regel in den richtigen Rahmen, das Markengesetz, setzt?

Was ist geschehen?

Ein selbständiger Software-Entwickler namens Strickland meldete 1995 ­ da sein Name Strickland bereits als Domain vergeben war ­ seinen Spitznamen „Strick“ als Domain an.
1996 verlangte die Strick Corporation, Hersteller von Traktoranhängern, von ihm die Herausgabe der Domain strick.com. Strickland lehnte ab.
Die Domain wurde daraufhin 1997 auf Verlangen der Strick Corporation von Network Solutions (NSI) „on hold“ gesetzt und war bis 2000 für beide unbenutzbar. Die dann im Rahmen des UDRP-Verfahrens der ICANN vor dem National Arbitration Forum (NAF) von der Strick Corporation angestrebte Schiedsgerichtsentscheidung gab Strickland recht.
Die Strick Corporation erhob daraufhin Klage vor einem Zivilgericht.

Wie wurde entschieden?

Die Klage wurde abgewiesen, Strickland darf die Domain strick.com behalten, das Markenrecht konnte sich nicht durchsetzen.
Das Gericht gestand dem Kläger zwar zu, dass es zu einer gewissen Verwirrung des Verbrauchers führen könne, wenn dieser bei der Eingabe von strick.com verwundert feststellen müsse, nicht auf der Seite der Strick Corporation gelandet zu sein und dann den Umweg über eine Suchmaschine zu gehen habe.
Eine rechtlich bedeutsame „Verwechselungsgefahr³ vermag das Gericht darin jedoch zu recht ebenso wenig zu erkennen wie die vom Kläger bemängelte „Verwässerung³ seiner Marke oder eine „vollständige Blockade³ im Internet durch die Nutzung seiner Marke als Domain.
Zum einen seien die von Strickland und der Strick Corporation angebotenen Produkte und Dienstleistungen gar nicht verwechslungsfähig, so dass der Anwender schnell merkt, dass die Eingabe des Namens auf gut Glück nicht zum Ziel geführt hat.
Zum anderen wüssten Internet-Anwender, dass bei dieser Gut-Glück-Vorgehensweise nicht immer die beabsichtigte Seite erscheint und erst die Eingabe des Namens und des gesuchten Inhalts in Suchmaschinen zum gewünschten Erfolg verhelfen kann. Dieser Vorgang sei „normal³ und führe den Anwender selten zum entnervten Abbruch seiner Suche. Der Anwender gehe entgegen der Auffassung des Klägers nach glücklosem ersten Versuch daher nicht automatisch davon aus, das gesuchte Unternehmen sei nicht im Internet vertreten. Auch wenn der Weg zu der Site eines Markeninhabers über eine Suchmaschine umständlicher sein mag als die bloße Eingabe des Namens, führt dieser Umstand nicht zu einer rechtlichen Bedeutsamkeit des klägerischen Vortrags.
Aus dem Schutz einer Marke kann also nach Auffassung des Gerichts kein Anspruch auf Domains desselben Namens hergeleitet werden.
Aus dem Markengesetz lässt sich zum einen nicht begründen, dass Marken oder Bestandteile von Marken als Domain dem Markeninhaber zuzuweisen sind. Zum anderen befürchtet das Gericht zu recht, dass ansonsten ein unendliches Monopol für die Inhaber bekannter Marken geschaffen würde, die alle Namen, die ihren eigenen Marken entsprechen unter .com beanspruchen könnten. Eine derartige Monopolisierung kann nicht im Sinne des Markengesetzes sein.

Wie geht es weiter?

Diese Entscheidung darf nicht so verstanden werden, dass die erste goldene Domain-Regel torpediert wurde und geschützte Marken als Domain-Name nunmehr für jedermann zur Verfügung stünden. Umgekehrt macht sie jedoch deutlich, dass ein Anspruch des Markeninhabers auf „seine³ Domain nicht bestehen soll.
Die Domain-Regeln sind also nicht Selbstzweck, sondern im Gefüge des Rechts, hier der Markengesetze, zu betrachten.
Vor deutschen Gerichten kann das in vielerlei Hinsicht vorbildliche Urteil des pennsylvanischen Gerichts allenfalls als Argumentationshilfe herangezogen werden.
Es bleibt abzuwarten, ob deutsche Gerichte mit vergleichbar vernünftigen und nachvollziehbaren Gründen entscheiden werden, wenn sie beispielsweise über Streitereien zwischen Ferrero-Nutella und dem Inhaber der Domain gnutella.de oder DeTeMedien und der darkpage.de urteilen.
Zur Vermeidung rechtlicher wie wirtschaftlicher Risiken sollte im Zweifel anwaltlicher Rat eingeholt werden.

Autor: RA Harald von Herget, Berlin
Quelle: intern.de
05.09.2001

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