gewinn.de

BGH urteilt zum Providerwechsel

Der Bundesgerichtshof beschäftigte sich mit der Frage, wann DENIC eG beim Providerwechsel einer Domain vom Einverständnis des Domain-Inhabers ausgehen darf, wenn der aktuelle Provider zu einer Providerwechselanfrage schweigt (Urteil vom 25.10.12, Az.: VII ZR 146/11).

Der Kläger forderte von DENIC eG, ihn als Inhaber der Domain gewinn.de wieder einzutragen. Der Kläger hatte die Domain 1996, noch bevor DENIC eG die Verwaltung von .de übernommen hatte, registrieren lassen. 2004 transferierte der Kläger die Domain zu einem neuen Domain-Provider. Im Mai und Juni 2005 zog die Domain ohne Wissen des Klägers zu einem anderen Domain-Provider, der diese kündigte und auf einen anderen Inhaber registrierte. Vor dem Landgericht Frankfurt/M (Urteil vom 27.07.10, Az.: 2-7 O 33/09) verlor der Kläger, doch das Oberlandesgericht Frankfurt/M (Urteil vom 09.06.11, Az.: 16 U 159/10) gab ihm Recht. DENIC wandte sich als Beklagte in Revision vor den Bundesgerichtshof (Urteil vom 25.10.12, Az.: VII ZR 146/11).

Der Bundesgerichtshof wies die Revision zurück und bestätigte das Urteil des OLG Frankfurt/M. Der Kläger war allerdings nicht erfolgreich mit seinem eigentlichen Antrag, der sich auf einen Eintrag im WHOIS-Verzeichnis bezog, sondern mit seinem ersten Hilfsantrag, demnach er forderte, die Domain gewinn.de mit ihren technischen Daten zu seinen Gunsten in die Nameserver der Beklagten aufzunehmen und darin für die Dauer des Domain-Vertrags zu belassen. Hintergrund dafür ist, dass die WHOIS-Datenbank als Auskunftssystem lediglich diese Daten, die maßgebend sind, darstellt. Der Kläger bekam Recht, weil nach Ansicht des Berufungsgerichts und des BGH kein wirksamer Providerwechsel zum dritten Provider stattgefunden und der Kläger diesen nicht mit der Kündigung der Domain beauftragt hatte. Bei dem Providerwechselantrag aus 2005 handelte es sich um eine Fälschung, und mangels eines wirksamen Providerwechsels konnte der neue Provider den Domain-Vertrag nicht wirksam kündigen. Die DENIC verwies im Hinblick auf die Wirksamkeit des Transfers auf die auf ihrer Homepage befindlichen Erläuterungen zum Providerwechsel: die DENIC hatte vor Durchführung des Providerwechsels den alten Provider zwei Mal angemailt und gefragt, ob der Domain-Transfer korrekt ist. Zugleich wies sie ihn darauf hin, dass Schweigen als Zustimmung gewertet werde. Da dieser nicht antwortete, nahm DENIC entsprechend seiner damaligen Erläuterungen das Schweigen als Zustimmung und führte den Transfer aus. Den Gerichten fehlte hier aber der Auftrag des Domain-Inhabers, und zwar weder zum Providerwechsel noch zur Kündigung der Domain. Die beklagte DENIC sieht sich durch die Umstände vor einem Dilemma, da sie sich sowohl gegenüber dem Kläger als auch mit der aktuell als Domain-Inhaberin eingetragenen Partei vertraglich verpflichtet hat. Der BGH löste das Problem im Wege einer Interessenabwägung und kommt – wie schon das Berufungsgericht – zu dem Ergebnis, dass auch hier der Prioritätsgrundsatz gilt: Danach wiegt das Interesse des Klägers, der als erster Inhaber der Domain war und diese Inhaberschaft letztlich nie verloren hat, schwerer als das der aktuell als Inhaberin eingetragenen Partei.

Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs zeugt einmal mehr von der Praxisnähe und dem für das Domain-Recht gebotenen Sachverstand, wie ihn das höchste Zivilgericht bisher überwiegend an den Tag legt. Dabei ist die differenzierte Betrachtung zur Frage des Schweigens des vom Kläger beauftragten Providers auf die Anfragen der DENIC zum Providerwechsel und die Schlussfolgerungen hinsichtlich eines Einverständnisses eines sukzessive mit dem Transfer verbundenen Inhaberwechsels (der rechtlich eine Kündigung des Vertrages verbunden mit einem neuen Vertrag zwischen DENIC und dem neuen Domain-Inhaber bedeutet) angemessen. Dass DENIC nun zukünftig bedächtiger reagieren muss, wenn sie rechtssichere Domain-Transfers durchführen will, ist freilich die andere Seite der Medaille.

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