LG Mühlhausen

Domain-Name kann unpfändbar sein

Dass Domain-Namen der Pfändung unterliegen, hat das Landgericht Essen bereits im Jahr 1999 erkannt. Jedoch hat die Pfändbarkeit auch ihre Grenzen, wie das Landgericht Mühlhausen festgestellt hat (Beschluss vom 13.12.2012 – Az. 2 T 222/12, 2 M 559/12).

Die Schuldnerin betrieb unter einer nicht näher genannten .de-Domain einen Onlineshop. Am 29. Mai 2012 erließ das Amtsgericht auf Antrag einer Gläubigerin einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss, mit dem sie die schuldrechtlichen Ansprüche der Schuldnerin gegen die DENIC eG aus der .de-Domain pfändete. Gegen diesen Beschluss legte die Schuldnerin das Rechtsmittel der Vollstreckungserinnerung ein; zur Begründung machte die Schuldnerin geltend, dass die Domain ihr einziges Erwerbseinkommen darstelle. Sie sei ein notwendiges Arbeitsmittel zur Sicherung ihres Lebensunterhalts; einen Onlineshop ohne Webadresse zu führen, sei unmöglich. Die Etablierung und Listung einer Domain in Suchmaschinen sei zudem aufwendig und teuer; ihre Domain habe sich im Geschäftsverkehr durchgesetzt, sei mit vielen Seiten bei Google gelistet und in Katalogen sowie Zeitschriften abgedruckt. Auch würden die Kunden auf die ihr bekannte Webseite vertrauen, da sie sie leicht darüber kontaktieren könnten. Zudem hätten einige noch Guthaben auf ihren Kundenkonten, worauf sie dann nicht mehr zugreifen könnten, ebenso Gutscheine und allgemeine Kunden- wie Bestelldaten. Auch privaten eMailkonten liefen mit dieser Domain-Endung sowie private Seiten. Ferner habe sie vom Grundsicherungsamt die Auflage, dieses Geschäft weiterzuführen, da sie aus gesundheitlichen Gründen schwerer für den normalen Arbeitsmarkt zu vermitteln sei. Die Pfändung sei daher gemäß § 811 Abs. Absatz 1 Z. 5 ZPO unzulässig. Die Gläubigerin wandte im Wesentlichen ein, dass die Schuldnerin der Zwangsvollstreckung entgehen könne, wenn sie die offene Forderung ausgleicht.

Das Amtsgericht wollte der Erinnerung nicht abhelfen, aber vor dem Landgericht Mühlhausen fand die Schuldnerin Gehör. Zunächst
stellte das Gericht nochmals klar, dass die Ansprüche des Domain-Inhabers aus dem Vertrag zwischen ihr und der Vergabestelle als Drittschuldnerin, hier die DENIC eG, grundsätzlich pfändbar sind. Die Inhaberschaft an einer Domain gründe sich auf die Gesamtheit der schuldrechtlichen Ansprüche, die dem Inhaber der Domain gegenüber der Vergabestelle aus dem Registrierungsvertrag zustünden; diese Ansprüche seien Gegenstand der Pfändung gemäß § 857 Abs. 1 ZPO. Gleichwohl bejahte das Landgericht die Unpfändbarkeit von Domains zumindest für Erwerbstätige, die im fraglichen Unternehmen selbst tätig sind und von diesem Einkommen leben bzw. auch (neben Grundsicherungsleistungen) leben müssen. Die analoge Anwendung des § 811 Abs. Absatz 1 Z. 5 ZPO auf eine Domain ist zulässig, auch wenn es sich dabei nicht um eine Sache handelt. Die Schuldnerin im Wege der Austauschpfändung auf eine ErsatzDomain zu verweisen, hielt das Gericht für keinen gangbaren Weg; gleich ob sich die Domain bereits im Markt durchgesetzt habe oder nicht: jedesmal verliere der Schuldner den Kundenstamm und müsse daran arbeiten, die „neue“ Domain in den Markt einzuführen. Ein Wechsel der Domain führe quasi zum Ausscheiden aus dem Markt. Etwas anderes würde aber gelten, wenn die Domain lediglich der Selbstdarstellung dient, also überhaupt keinen wirtschaftlichen Bezug hat.

Unklar ist, ob die Entscheidung rechtskräftig wurde. Das Landgericht hat die Rechtsbeschwerde ausdrücklich zugelassen, da die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO vorliegen. Zu der entscheidenden Frage sei höchstrichterlich noch keine Entscheidung getroffen worden. Da nach Ansicht des Gerichts die Bedeutung der Pfändung von Internet-Domains in der Zukunft noch an Bedeutung gewinnen wird, wird eine höchstrichterliche Entscheidung folglich von grundsätzlicher Bedeutung sein.

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