LG Frankfurt/M

DENIC haftet als Drittschuldner

Das Landgericht Frankfurt am Main hat in einem Streit um die Kosten einer misslungenen Domain-Pfändung endlich Klarheit in der Streitfrage um die Stellung der deutschen Domain-Verwaltung DENIC bei Domain-Pfändungen geschaffen: nach Ansicht des Gerichts ist DENIC Drittschuldnerin im Sinne von § 840 ZPO (Urteil vom 9. Mai 2011, Az.: 2-01 S 309/10). Damit dürften viele Juristen, die vergebens Domain-Namen bei DENIC zu pfänden versucht hatten, durchatmen.

Der Kläger hatte über eine Website einen Fernseher bestellt und bezahlt, der aber nicht geliefert wurde. Er forderte die Inhaberin der Domain und Betreiberin des Angebots auf, den gezahlten Betrag zurückzuzahlen. Schließlich erwirkte der Kläger einen Vollstreckungsbescheid gegen die Domain-Inhaberin. Mit einem auf diesem Titel beruhenden Pfändungsbeschluss hinsichtlich der Nutzungsrechte an der Domain wandte er sich an die hier beklagte DENIC als Drittschuldnerin. Diese erklärte, nicht Drittschuldnerin zu sein und keine entsprechende Erklärung im Sinne von § 840 Abs. 1 ZPO abzugeben. Die DENIC löschte in der Folge die streitgegenständliche Domain, die am gleichen Tag auf einen Dritten neu registriert wurde, der sie auf eine Limited mit Sitz in Großbritannien übertrug. Der Kläger nahm die DENIC auf Schadensersatz wegen einer Pflichtverletzung in Anspruch. Dabei stritten die Parteien über die Frage, ob DENIC Drittschuldnerin im Sinne des § 840 ZPO ist. Das Amtsgericht Frankfurt/M wies die Klage noch zurück (Urteil vom 22. 10.2010, Az.: 32 C 682/10-18). Es ging davon aus, dass DENIC nicht Drittschuldnerin sei, weil die Pfändung lediglich die Nutzungsrechte an der Domain betreffe und damit der Schuldner weiter Inhaber der Domain bleibe, während sich zugleich an der Rechtsposition der DENIC nichts ändere. Daraufhin wandte sich der Kläger an das Landgericht Frankfurt/M.

Das Landgericht Frankfurt/M beurteilte die Rechtslage anders als das Amtsgericht und gab dem Anspruch des Klägers statt. Nach Ansicht des LG Frankfurt/M ist DENIC in diesem Falle Drittschuldnerin im Sinne von § 840 Abs. 1 ZPO. Die Aufgaben und Pflichten der DENIC sind mit dem gepfändeten Recht derart verknüpft, dass ihre Leistung zur Ausübung des Rechts erforderlich ist. Das entspricht den weit gefassten Anforderungen an den Drittschuldner. Zudem ist ihr der Pfändungsbeschluss als Drittschuldnerin formell wirksam zugestellt worden, was für ihre Drittschuldnerstellung spricht und ausreicht, so dass es nicht darauf ankommt, ob die gepfändete Forderung tatsächlich besteht. Es reicht bereits aus, dass der in Anspruch Genommene potentieller Drittschuldner sein könnte. Das LG Frankfurt/M zieht weiter den Vergleich mit der Pfändung von Geldforderungen: Die Zustellung des Beschlusses soll die Drittschuldnerin daran hindern, eine Übertragung der Domain, und damit letztendlich eine Veränderung, Verringerung oder ein Erlöschen der Ansprüche des Schuldners, zu ermöglichen. Weiter spricht für ihre Position als Drittschuldnerin auch, dass lediglich DENIC Auskunft über andere Forderungen, Dispute-Einträge oder ähnliches, was die Domain betrifft, zu geben vermag.

Die Entscheidung des Landgerichts Frankfurt/M ist weittragend. Generationen von Gläubigern, die Domains mit der Endung .de pfänden wollten, sind an der Beharrlichkeit der DENIC gescheitert, die die Drittschuldnerposition immer von sich abgewiesen hat. Nun steht sie in der Pflicht. Die Gläubiger und ihre Anwälte wird es freuen.

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