Admin-C-Haftung

LG Hamburg vs. LG Dresden

Zwei aktuelle Entscheidungen zum Thema Haftung des Admin-C stehen sich diametral gegenüber. Wie die unterschiedlichen Gerichte zu so unterschiedlichen Auffassungen gelangen ist schon erstaunlich. Wir nehmen die beiden ähnlich gelagerten Fällen in Augenschein:

In beiden Fällen überprüften die Gerichte die Haftung des Admin-C für Inhalte von Domains. Das Landgericht Hamburg (Urteil vom 05.04.2007, Az.: 327 O 699/06) meint, der Admin-C hafte für das rechtswidrige Angebot der Domain casino-poker-deutsch.de, unter der Glücksspiel beworben wurde und deren damaliger Inhaber in den Niederlanden saß. Der Admin-C hatte auf die Abmahnung der Klägerin eine Unterlassungserklärung abgegeben, wollte jedoch die Anwaltsgebühren nicht zahlen. Diese klagte die Komplementärin der fünf Schleswig Holsteinigen Spielbanken beim LG Hamburg ein. Das LG Hamburg gab der Klage in vollem Umfang statt. Als Admin-C für die Domain casino-poker-deutsch.de habe der Beklagte als Störer an der Bewerbung verbotenen Glücksspiels mitgewirkt. Die Abmahnung seitens der Klägerin sei berechtigt, womit sie einen Erstattungsanspruch habe. Die Registrierung als Admin-C sei ein kausaler Beitrag zu dem Angebot auf der Internetseite. Der Beklagte hätte den Wettbewerbsverstoß verhindern können, wenn er sich nicht als Admin-C hätte eintragen lassen. Der Admin-C habe auch eine zumutbare Prüfpflicht: Die DENIC mache keinen Unterschied zwischen Domain und Inhalt, weshalb sich die Prüfpflicht auch auf den Inhalt der Domain erstrecke. Der Beklagte sei selbst Schuld, dass er sich für soviele Domains als Admin-C eintragen lasse. Damit nimmt er sich die tatsächlich Möglichkeit, alle Domains zu überprüfen. Er müsse eben die Anzahl der Domains begrenzen, für die er als Admin-C eingetragen werde.

Ganz anders sah das das Landgericht Dresden (Urteil vom 09.03.2007, Az.: 43 O 0128/07) in einem einstweiligen Verfügungsverfahren. Der Admin-C sollte aus Sicht der Antragstellerin für die Inhalte einer Internetseite haften, auf der u.a. Tischkalender mit der Aussage „schon ab EUR 0,00? beworben wurden. Das sei Wettbewerbswidrig, weil auf Bestellung je nach Lieferdauer unterschiedlich hohe Versand- und Bearbeitungskosten zu bezahlen waren. Die Verfügungsklägerin beantragte gegen den Admin-C die Unterlassung dieser Bewerbung. Das LG Dresden wies die einstweilige Verfügung zurück, weil der Admin-C nicht für etwaige Wettbewerbsverstöße der Domain-Inhaberin haftet. Einen unmittelbaren Wettbewerbsverstoß des Antragsgegners, des Admin-C, schloss das Gericht aus. Die Haftung setze zumutbare Prüfpflichten voraus, die hier der Admin-C verletzt haben müsste. Der Amin-C hatte hier jedoch weder die rechtliche Möglichkeit zur Verhinderung der Handlung, noch oblagen ihm Prüfungspflichten in Bezug auf den wettbewerbsrechtlich beanstandungsfreien Inhalt der Webseite. Das LG Dresden bezieht sich ebenfalls auf die DENIC-Domainbedingungen, versteht sie aber so, dass die Verantwortung des Admin-C sich nicht auf die Inhalte der Domain erstreckt. Zudem sei der Admin-C im Innenverhältnis an die Weisung des Domain-Inhabers gebunden: Weder leite sich aus der in den DENIC-Richtlinien definierten Funktion des Admin-C dessen Pflicht her, ggf. im Rahmen von vertraglichen Vereinbarungen mit dem materiell berechtigten und verpflichteten Domain-Inhaber Einluss auf die Inhalte der Webseite auszuüben, noch verfüge er über das Recht, eine Einflussnahme gegenüber dem Domaininhaber tatsächlich auszuüben oder durchzusetzen. Dem Admin-C sei es im übrigen nicht zumutbar, kurzerhand seine Funktion und Aufgabe einfach niederzulegen, falls der Domain-Inhaber sich weigert, die wettbewerbswidrige Inhalte zu beseitigen. Die Beendigung seiner Admin-C Stellung hindert nicht die wettbewerbswidrigen Inhalte; außerdem würde er so gezwungen, einen Teil seiner Geschäftstätigkeit aufzugeben oder ein schwer einzuschätzendes Haftungsrisiko zu übernehmen, denn die Unterlassungserklärung würde sich auf alle Webseiten der von ihm betreuten Domains erstrecken.

Die Entscheidungen könnten nicht gegensätzlicher sein. Doch welcher Ansicht ist zu folgen? Die Entscheidung des LG Hamburg erscheint die Problematische. Sie missinterpretiert die DENIC-Regeln. Nur kurz sei da auf einen Verweis in den Entscheidungsgründen auf eine Parallelentscheidung (LG Hamburg Urteil vom 15.03.2007, Az.: 327 O 718/06) eingegangen, demnach als Mitstörer grundsätzlich jeder anzusehen ist, der willentlich einen kausale Beitrag zur Wettbewerbsverletzung leistet, vorausgesetzt, der Mitstörer besitzt die rechtliche Möglichkeit, die Handlung zu verhindern, was – so das Gericht – möglich ist, indem er sich nicht als Admin-C registrieren lässt. Diese Argumentation ist nicht durchdacht und falsch. Denn im Zeitpunkt der Registrierung, weiss der Admin-C nicht, welche Inhalte unter der Domain hinterlegt werden (in der Regel erfährt er es auch zu einem späteren Zeitpunkt nie). Mithin gibt es zum Zeitpunkt der Registrierung keinen sinnvollen Grund, irgendeine noch nicht eingetretene Rechtsverletzung zu verhindern. Und ist sie später tatsächlich eingetreten, hat der Admin-C in der Regel keine Möglichkeit, sie zu verhindern. Weder rechtlich noch tatsächlich. Der Admin-C hat keinen Zugriff auf die Server des Domain-Inhabers. Er darf auch die Domain nicht selbständig und eigenverantwortlich kündigen. Diese Funktion des Admin-C ist von Seiten der DENIC gar nicht angelegt. Laut DENIC ist der Admin-C bevollmächtigter des Domain-Inhabers, womit er zugleich als Ansprechpartner und Zustellungsbevollmächtigter ausgewiesen ist: „Als Bevollmächtigter des Domaininhabers ähnelt der Admin-C daher dem Bevollmächtigten, den der Anmelder bzw. Inhaber einer Marke nach § 76 Absatz 1 Satz 1 MarkenV dem Deutschen Patent- und Markenamt benennen kann und der dann den Ansprechpartner des Amtes darstellt“, heisst es bei DENIC.

Den Zugang, den das LG Dresden findet, entspricht eher den Vorstellungen der DENIC. Die Entscheidung weist auch einen pragmatischen und realitätsnahen Ansatz aus. Was nun noch fehlt, ist eine brauchbare höchstrichterliche Entscheidung. Und dann befassen wir uns gerne auch mit der Haftung des Admin-C für vom Domain-Namen ausgehenden Rechtsverletzungen. Hier gibt es auch noch Nachholbedarf.

Die Entscheidung des KG Berlin, die die Haftung des Admin-C ebenfalls zurückweist, findet man hier.

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