Priorisierung

AT&T attackiert Netzneutralität

Die Angriffe auf den Grundsatz der Netzneutralität werden heftiger: nach Google und Verizon fordert nun auch der US-amerikanische Telekommunikationsanbieter AT&T die bevorzugte Datenübertragung gegen Zahlung. Dass sich AT&T dabei auf die Internet Engineering Task Force (IETF) bezieht, passt der gar nicht.

Lange schien der Grundsatz, dass Daten gleichberechtigt über das Internet transportiert werden, wie in Stein gemeisselt. Für heftige Diskussionen sorgte daher der Vorschlag von Google und Verizon in einem so genannten „Legislative Framework Proposal“, künftig eine Priorisierung des Datenstroms zu erlauben, wobei dies vor allem bei drahtlos übermittelten Inhalten über Mobilfunknetze möglich sein soll. Doch mit dieser Forderung stehen die beiden Unternehmen nicht allein: in einem Schreiben an die Federal Communications Commission (FCC), eine Art Aufsichtsbehörde für Rundfunk, Satellit und Kabel in den Vereinigten Staaten, stellte jetzt auch AT&T klar, dass jeder Plan zur Netzneutralität, der „paid prioritization“ von Datenströmen beschränken würde, gegen die fundamentalen Prinzipien des Internets verstößt. Man sei zwingend darauf angewiesen, verschiedene Preise für verschiedene Arten von Internetleistungen verlangen zu können; bereits jetzt habe man hunderte von Kunden, die für eine bevorzugte Behandlung eine höhere Zahlung leisten.

So weit, so gut. Für Empörung sorgte jedoch vor allem das Argument von AT&T, dass eine „paid prioritization“ ausdrücklich von der IETF bedacht und vorgesehen sei. Doch die Organisation, die sich mit der technischen Weiterentwicklung des Internets befasst und weltweit gültige Standards wie das Internet Protocol (IP) gesetzt hat, will sich diesen Schuh nicht anziehen. Der IETF-Vorsitzende Russ Housley widersprach heftig der Vereinnahmung durch AT&T und bezeichnete die Ausführungen als irreführend. Zwar treffe es zu, dass man Ende der Neunziger Regelungen geschaffen habe, die es Providern ermöglichen würden, bis zu 64 verschiedene „traffic classes“ zu vergeben, ein Konzept, das als „differentiated services“ oder kurz DiffServ bekannt wurde. Auch würden die RFCs 2638 und 2475 von unterschiedlichen Preismodellen im Zusammenhang mit dem Datentransport sprechen. Allerdings würde sich das nur auf Datenströme beziehen, die ein und der selbe Anbieter versendet sowie empfängt; von unterschiedlich schnellen Datenströmen quer über das gesamte Netz ist keine Rede.

Doch auch innerhalb der IETF ist man sich nicht ganz einig. Anlässlich eines Treffens im Juli 2009 in Stockholm sprachen die Mitglieder die Problematik des „paid prioritization“ zwar an, konnten sich jedoch am Ende auf keine einheitliche Position verständigen. So bleibt letztlich auch offen, ob Housley lediglich eine Einzelmeinung zum Ausdruck bringt oder für die Organisation spricht. Allein die IETF-interne Diskussion lässt den Grundsatz der Netzneutralität allerdings weiter bröckeln.

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