Netzsperren

EU-Organe kurz vor einer Einigung über Richtlinie zur Terrorismusbekämpfung

Die so genannten Trilogverhandlungen von EU-Rat, EU-Kommission und EU-Parlament zur europäischen Anti-Terrorismus-Richtlinie stehen kurz vor dem Abschluss: nach dem konsolidierten Entwurf der Direktive erleben wohl die umstrittenen Netzsperren ein Comeback.

Auslöser neuer Diskussionen um das Streitthema Netzsperren ist ein geänderter Vorschlag für eine Richtlinie zur Terrorismusbekämpfung und zur Ersetzung des Rahmenbeschlusses 2002/475/JI zur Terrorismusbekämpfung. Bereits im Juli 2016 veröffentlichte der Innenausschuss des EU-Parlaments einen geänderten Entwurf, über den in den vergangenen Monaten weiter intensiv verhandelt wurde. Nach einem Bericht der britischen Bürgerrechtsorganisation »Statewatch« steht man nun kurz vor der Einigung: bei den sechsten geheimen Trilogverhandlungen am 10. November 2016 erstellte man einen konsolidierten Entwurf, um die Verhandlungen demnächst abschließen zu können. Anvisiert wird dabei konkret eine Verabschiedung am 30. November 2016.

Der Vorschlag mit der Nr. 14238/16 liegt derzeit nur in englischer Sprache vor. Er sieht im neuen Artikel 21b ein abgestuftes Konzept in der Bekämpfung von unzulässigen terroristischen Inhalten im Netz vor, wobei in Stufe 2 der Grundsatz »Löschen statt Sperren« zu Gunsten einer Einrichtung von Sperrmaßnahmen aufgehoben wird:

1.
Member States shall take the necessary measures to ensure the prompt removal of online content constituting a public provocation to commit a terrorist offence, as referred to in Article 5, that is hosted in their territory. They shall also endeavour to obtain the removal of such content hosted outside of their territory.

2.
Member States may, when removal of such content at its source is not feasible, take measures to block the access to content referred to in paragraph 1 towards the Internet users within their territory.

Sowohl Lösch- als auch Sperrmaßnahmen bedürfen dabei nicht der vorherigen richterlichen Genehmigung. Sie müssen lediglich in transparenter Weise festgelegt werden, sich auf das Notwendige beschränken und die Nutzer über die Gründe der Maßnahme informieren. Zudem soll die Möglichkeit bestehen, im Nachhinein gegen Lösch- und Sperrmaßnahmen gerichtlich vorzugehen.

Netzpolitik.org, die Plattform für digitale Freiheitsrechte, kritisiert den konsolidierten Entwurf als schwammig. So liefeer er eine vage und weite Definition von Terrorismus. Einzelne darin enthaltene Punkte ließen sich so deuten, dass ziviler Ungehorsam oder Aktionen, beispielsweise von Greenpeace, als Terrorismus definiert werden könnten, da ein wirtschaftlicher Schaden schon hinreichende Bedingung sein könne. Zudem sei im Dokument mehrfach von »public provocation« die Rede, ein vollkommen schwammiger Begriff. Schließlich schließe dieser konsolidierte Entwurf der Richtlinie den Einsatz von EU-Staatstrojanern mit ein. Allzu große Zugeständnisse sind von der Berichterstatterin Monika Hohlmeier allerdings nicht mehr zu erwarten; sie soll bereits mehrfach zu einer raschen Entscheidung aufgerufen haben.

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