EU-Parlament

Grundsatzpapier zur Netzverwaltung

Das Europäische Parlament hat am 15. Juni 2010 in einer so genannten „Entschließung“ in grundsätzlicher Weise Stellung zu zahlreichen Fragen der Internet-Verwaltung genommen. Zum wiederholten Mal steht dabei ICANN im Fokus, doch auch mit Kritik an der .eu-Registry EURid spart man nicht.

Gedacht als Instrument, um die Auffassung des Parlaments zu bestimmten Fragen oder Bereichen zum Ausdruck zu bringen, dient eine Entschließung oft dazu, allgemeine Leitlinien und Grundsätze zu formulieren, die vorliegend unter dem Motto „Verwaltung des Internets: Die nächsten Schritte“ stehen. Vor diesem Hintergrund entbehrt die Entschließung vom 15. Juni 2010 mit dem kryptischen Zeichen P7_TA(2010)0208 nicht jeder Brisanz. So unterstützt das EU-Parlament beispielsweise den Standpunkt der EU-Kommission zugunsten des gegenwärtigen Internet-Verwaltungsmodells durch ICANN, dem eine Führungsrolle des privaten Sektors zugrunde liegt. Doch auch wenn es ICANN gelungen ist, die Stabilität des Domänennamensystems zu wahren, verlangen die Volksvertreter bei der Festlegung einer umfassenden Strategie, dass auch die Rolle der öffentlichen Stellen gestärkt werden muss. Konkret will man die Effizienz des Regierungsbeirats (GAC) bei ICANN gesteigert wissen, unter anderem durch die Einrichtung eines Sekretariats mit angemessenen Unterstützungsmöglichkeiten. Besonders im Visier hat man die IANA-Aufgaben ICANNs, also jener Abteilung, die sich um die Vergabe von IP-Adressen, Top Level Domains und IP-Protokollnummern kümmert; hier verlangt das Parlament, dass IANA in Zukunft nicht mehr unter dem beherrschenden Einfluss einer einzelnen Regierung stehen sollte, sondern dass ihre Aufgaben zunehmend so internationalisiert werden sollten, dass eine multilaterale Aufsicht erreicht wird.

Doch auch ICANN kommt nicht ungeschoren davon. Konkret hält das Parlament fünf Verbesserungsvorschläge parat: an erster Stelle steht die Einführung eines externen Streitbeilegungsmechanismus, durch den die Interessenträger die Möglichkeit erhalten, Entscheidungen ICANNs wirksam, unparteiisch, zügig und zu tragbaren Kosten überprüfen zu lassen. Dem folgt eine diversifizierte Finanzierungsstruktur, eine angemessene Vertretung aller Interessenträger bei der ICANN, die Sicherstellung dessen, dass der Vorstand und die oberste Leitung von ICANN ein Spektrum von Interessen und Regionen vertreten und schließlich die Aufwendung eines angemessenen Teils der Rücklagen, um die Teilhabe der Zivilgesellschaft (insbesondere aus Entwicklungsländern) an Foren für die Verwaltung des Internets zu fördern. Doch auch die .eu-Registry EURid, deren öffentliche Wahrnehmung offenbar als ausbaufähig angesehen wird, nimmt man nicht aus. So verlangt man von EURid, eine intensive Medien- und Internet-Kampagne zur Verbreitung von .eu in allen Mitgliedsstaaten durchzuführen, um die Entwicklung eines europäischen Internet-Raums auf der Grundlage der Werte, Merkmale und Strategien der Europäischen Union zu fördern. Ganz nebenbei fordert das Parlament eine neue Top Level Domain, die man beispielsweise .culture oder .art nennen kann und die für kulturelle Organisationen und Einrichtungen sowie für Medien und Künstler dienen soll.

Unmittelbar rechtsverbindlich sind diese Positionen nicht, auch wenn sie vom Rat, der Kommission und den Mitgliedsstaaten regelmäßig zu beachten sind. Rechtzeitig vor dem Meeting in Brüssel setzt das Parlament jedenfalls eine Duftnote, die an der Forderung nach einer stärkeren Internationalisierung der Internet-Verwaltung keinen Zweifel lässt.

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